Spielfilm-Marketing | MTP e.V.

Hollywood, Mekka der westlichen Filmwelt. Sinnbild eines leichten Lebens ohne Sorgen und die Garantie auf ein Happy-End. Zentrum von kreativen Ideen, extrovertierten Spinnern, begabten Fantasten und hoffnungslosen Romantikern. Die Traumfabrik. Doch sind es einzig und allein die fesselnden Geschichten, die uns in die roten Samtsessel der Kinosäle ziehen oder unterliegen wir doch dem Kalkül der Produzenten, die durch eine optimale Kombination aus teuren Special-Effekts, bekannten Seriennachfolgern und nackten Tatsachen der jeden Film zum Kassenschlager machen können? Können sie den Erfolg am Reißbrett konstruieren?

Nein. Denn jeder Kinofilm muss individuell produziert, distribuiert und vermarktet werden. Das unterscheidet ihn von vielen anderen Produkten. Er kann nicht wie Automobile am Fließband produziert und nicht wie Lebensmittel gebündelt verschickt werden. Er ist eine Innovation. Er bringt schon vor dem Filmstart enorme Kosten für die Bezahlung der Autoren, Regisseure und Schauspieler, die technische Durchführung der Produktion und die medienwirksame Vermarktung mit sich. In ihn werden nicht selten Millionenbeträge investiert, bevor auch nur ein Euro Umsatz gemacht werden kann. Er ist ein Risiko. Und letztendlich immer noch Geschmackssache.

Und Ja. Für Filmproduzenten und Kinobetreiber ist es dementsprechend wichtig, so frühzeitig und exakt wie möglich Prognosen über den erwarteten Erfolg zu generieren und Erfolgsfaktoren zu identifizieren. Aus diesem Grund wird auch in der Traumfabrik die empirische Forschung als Grundlage für Management-Entscheidungen genutzt, und kritisch hinterfragt: Was genau macht einen Film zum Erfolg?

Dabei stellt sich zunächst die Frage, welche Elemente der Produkt-, Preis-, Kommunikations- und Distributionspolitik den Kinoerfolg beeinflussen. Ist George Clooney wirklich ein Garant für Erfolg? Sind Actionfilme erfolgreicher als Horrorfilme? Beeinflussen Kritikermeinungen den Kinoerfolg? Antworten auf diese und viele weitere Fragen geben diverse empirische Studien. Mit Hilfe von Regressionsmodellen können Einflüsse geschätzt und anschließend Empfehlungen für die umsatzmaximale Allokation des Marketingbudgets eines Films gegeben werden.

Die Festlegung der Vermarktungsstrategie ist allerdings kein statischer Prozess. Der Filmmarkt unterliegt einer enormen Dynamik: Jede Woche kommen neue Filme in die Kinos, entstehen neue Hypes, beeinflussen andere externe Faktoren den Erfolg eines Films. Umso wichtiger erscheint es, auch den Erfolgsverlauf über die Zeit zu untersuchen. Hier setzt die empirische Forschung an und untersucht mit Hilfe von Diffusionsmodellen, welche Faktoren den Erfolg eines Films in verschiedenen Kinowochen beeinflussen. Die Ergebnisse eröffnen nicht nur die Möglichkeit, gezielte Marketingentscheidungen zu treffen, sondern z.B. auch das Angebot an Leinwänden dynamisch an den Erfolgsverlauf des Films anzupassen.

Der Beitrag, den der Verkauf und der Verleih eines Films auf DVD am Gesamtumsatz ausmachen, ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Heute machen DVD-Verkäufe schon über 50% des Gesamtumsatzes aus. Die Betrachtungsebene muss also so erweitert werden, dass die sequentielle Filmvermarktung, d.h. der Release eines Films in mehreren Channels in der Reihenfolge ihrer Profitabilität (Kino, DVD, Pay-TV, Free-TV), mit in Betracht gezogen wird. Dabei sind die Erfolgsfaktoren von Spielfilmen im Kino und auf DVD nicht notwendigerweise dieselben. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass der Kinoerfolg zwar im Wesentlichen den DVD-Erfolg determiniert, jedoch auch die DVD-spezifische Vermarktung und händlerspezifische Effekte eine Rolle spielen. Zudem muss das „Timing-Game“ beherrscht werden: Der richtige Releasezeitpunkt der DVD muss so bestimmt werden, dass Einnahmen an der Kinokasse nicht kannibalisiert werden, die Marketinganstrengungen für den Kinorelease aber noch in den Köpfen der Konsumenten vorhanden sind.

Wer also Filme erfolgreich vermarkten will, wird schnell merken, dass Bauchgefühl selten zum Erfolg führt. Die zahlreich vorhandenen wissenschaftlichen Untersuchungen sollten dagegen gründlich unter die Lupe genommen werden.

Autor:

Stefan Ferrara

Film, Kino, Release, Spielfilm
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