Seit dem 1. April 2010 sind Produktplatzierungen im deutschen Fernsehen, so genannte Product Placements, grundsätzlich erlaubt. Jedoch steckt Deutschland im Vergleich zu den USA, wo Product Placement bei vielen Firmen schon fest zum Werbe-Mix gehört, in dieser Hinsicht noch in den Kinderschuhen.
Die Änderung des Rundfunkstaatsvertrags im April 2010 ermöglicht es Werbern nun Platzierungen im Fernsehen unterzubringen und grenzt diese legale Form auch von der immer noch verbotenen Schleichwerbung ab. Als Product Placement werden Platzierungen von Produkten im Fernsehprogramm bezeichnet, in Vorder- oder Hintergrund, für die der Inhaber der Marke gezahlt hat. Oft werden diese an Drehbuchschreiber herangetragen um die Produkte werbewirksam und zielgruppengerecht zu platzieren. Nichtsdestotrotz sind Werber noch sehr Verhalten die neuen Freiheiten zu nutzen und Platzierungen finden sich in der deutschen Fernsehlandschaft nur spärlich. Die Angst die Zielgruppen mit unpassender Werbung zu vergraulen oder doch verbotene Schleichwerbung zu betreiben ist sehr groß und oft mit Unwissen über die Möglichkeiten gepaart.
Erlaubt sind demnach Produktplatzierungen, sofern sie nicht in Nachrichten- oder Kindersendungen vorkommen und auch nicht zu sehr vom Programm ablenken, bzw. eine einzelne Marke zu sehr hervorheben. Inwiefern das aber zutrifft, liegt noch im Ermessen der Sender und es gibt immer noch sehr viel Platz für Interpretationen. Reguliert werden muss auch zurzeit noch nicht viel, da die Sender noch zaghaft mit den neuen Möglichkeiten umgehen und sich erst langsam an die Thematik heranwagen. Die beiden größten Vermarkter von Werbung im deutschen Fernsehen, IP Deutschland und Seven-One Media, die für die RTL Gruppe beziehungsweise für ProSieben/Sat.1 Werbung schalten, bieten zwar Product Placement an, jedoch wird noch viel über bereits bekannte Konzepte wie Bannereinblendungen oder Unterbrechungswerbung vertrieben.
Findet jedoch Product Placement statt, muss zurzeit in Deutschland ein P mit dem Zusatz „unterstützt durch Produktplatzierungen“ in der rechten oberen Ecke eingeblendet um auf das folgende Product Placement hinzuweisen. Diese Mitteilung erscheint jedoch teilweise nur zu Beginn und Ende des Programms und macht es schwierig für Verbraucher diese Werbebotschaften zu erkennen. Eine Einblendung während des Erscheinens einer Marke wurde auch diskutiert, aber früh verworfen um den Zuschauer nicht auch noch auf die Werbung hinzuweisen. Die rechte obere Ecke wurde nicht zufällig gewählt, da dort oft Gewinnspieleinblendungen erscheinen, die die Zuschauer gelernt haben größtenteils zu ignorieren. Am Ende des Programms soll die Firma ebenso in den Credits erwähnt werden.
Im Gegensatz zum Standardmodell der Unterbrechungswerbung, ist es bei Product Placement auch kaum möglich diese Art von Werbung zu umgehen, was Kritiker oft monieren. Interessant ist auch, dass die Placements nicht zu der erlaubten Werbezeit zählen, sich die Werbung aber natürlich dadurch unweigerlich vermehrt. Traditionell wird bei Werbepausen der Kanal gewechselt was nun nicht möglich ist, beziehungsweise wird die Platzierung erst gar nicht als solche erkannt. Das bereitet Zuschauern und Kritikern weiterhin Unbehagen und viele fühlen sich unterbewusst beeinflusst.
In Wahrheit ist der Nutzen von Product Placement, beziehungsweise eine Erhöhung der Kaufbereitschaft nicht direkt zu beobachten. Auch die Forschung hilft hierbei noch nicht viel weiter, obwohl bei einigen Studien die Wiedererkennungsrate von Marken gesteigert werden konnte, wenn Product Placements mit normaler Unterbrechungswerbung zusammen gezeigt wurden. Oft scheint aber Product Placement eine der wenigen Möglichkeiten für Produzenten zu sein Konsumenten mit Werbung zu konfrontieren, da viele mit Standardmodellen nicht mehr erreicht werden können.
In den letzen 30 bis 40 Jahren war die Unterbrechungswerbung die alleinige Form in der Fernsehwelt. Schon früh wurden aber auch in Deutschland technische Neuerungen wie der Videorekorder eingeführt, der angeblich schon damals die Welt der Werbung durcheinanderbringen sollte. Dasselbe wird mittlerweile den neuen Techniken von HD-Fernsehern und Festplattenrekordern nachgesagt, die Unterbrechungswerbung aber hat damals die Zeit überstanden und wird auch im klassischen Fernsehen seinen Platz behaupten. Product Placement ist zwar für manche Formate eine sehr gute Ergänzung, bei vielen anderen ist sie jedoch fehl am Platz. Was aber richtig ist: In den kommenden Jahren müssen sich Werber überlegen wie sie die Menschen erreichen wollen, denn mittlerweile wird diese Art von Werbung als eher störend empfunden. Durch die zunehmende Verlagerung des Fernsehens in das Internet, findet sie oftmals gar nicht erst statt.
Seit 2006 wird Product Placement in den USA angewendet und auch in Deutschland wird seit der Änderung des Rundfunkstaatsvertrags vermehrt auf diese Form der Werbung gesetzt. Die Produktinformationen sind in Deutschland jedoch häufig noch auf Casting- und Spieleshows begrenzt und sind teilweise so auffällig, dass sie von Zuschauern eher wahrgenommen werden und so vielleicht genau den gegenteiligen Effekt erzielen.
Werber versuchen ständig ihre Werbebotschaften in Bereiche zu bringen in denen es vorher keine oder wenig Werbung gab. Somit ähneln die Programme oft schon den Werbefilmen und fungieren dann als Taktgeber für die Werbeunterbrechungen, die dann als solches gar nicht mehr wahrgenommen werden. Verfechter von Product Placement sehen unter anderem eine Chance durch Benutzung realer Produkte in fiktiven Serien und Filmen, die allgemeine Glaubwürdigkeit immens zu steigern. Anstelle von frei erfundenen Produkten auf dem Frühstückstisch, könnte dort auch eine beliebte Marke zu finden sein. Das einfache Platzieren von Produkten im Hintergrund von Sendungen kann so auch als Widerspiegelung der realen Welt zu verstehen sein und helfen die fiktive Welt als real zu verkaufen. Die Coca-Cola Flasche im Hintergrund kann zwar als Product Placement erkannt werden, da sie aber auch eine der weit verbreitetsten Marken ist, fällt ihr Auftauchen dort nicht aus dem Rahmen.
Auf der anderen Seite achten einige Produzenten haargenau darauf gerade keine Platzierungen vorzunehmen um nicht in rechtliche Schwierigkeiten zu kommen. Oft ist es jedoch schwer nachzuweisen ob für ein Placement Geld geflossen ist oder nicht. Dort erscheinen dann Fastfoodeketten oder Getränkemarken im Hintergrund, werden aber dann nicht explizit als Produktplatzierung erwähnt oder ausgezeichnet. Das Damoklesschwert der Schleichwerbung schwebt dort noch immer noch über den Köpfen der Produzenten. Wichtig ist es vor allem für Firmen, dass ihre Marken nicht falsch dargestellt werden und das Programm auch zu auch ihrem Image passt, sowie die richtige Zielgruppe anspricht.
Neben der Möglichkeit Produkte im Hintergrund einzustellen, kommen auch immer mehr Verschmelzungen zwischen Produkten und der Geschichte in Frage. Dieses wird als Product Integration bezeichnet und bedeutet oft, dass Produkte öffentlich im Vordergrund benutzt werden und somit Teil und sogar Inhalt der Geschichte sind. Häufig Synonym verwendet mit Placements, sind diese integrierten Produkte so fest mit dem Inhalt verbunden, dass sie als organisch und natürlich angesehen werden. In den USA werden sogar hin und wieder Charaktere aus Serien für Werbezwecke benutzt und nicht die Schauspieler. Läuft diese Werbung auch noch in der normalen Werbepause ist es für Zuschauer schlicht unmöglich die Werbung von der Serie zu unterscheiden. Auch Festplattenrekorder scheitern hier, da die Verzahnungen oft immens sind.
Grund jedoch für die weite Ausbreitung von Product Placement in den USA und den Vorsprung vor Deutschland ist aber auch die Tatsache, dass Platzierungen zurzeit dort nicht von der Federal Communications Commission (FCC) – die zuständige Regulierungsbehörde – kontrolliert oder begrenzt werden. Verbraucherschützer sind aber auch dort dabei Werbung einzuschränken und fordern feste Regeln.
Die Chancen und Möglichkeiten von Produktplatzierungen liegen für die Produzenten aber auf der Hand. Wie bereits beschrieben ist die normale Unterbrechungswerbung nur noch selten effektiv. Diese werden entweder sofort von Festplattenrekordern herausgeschnitten, oder aber von Online-Werbung ersetzt, die mit Bannern oder kurzen Werbeclips agiert. Für Firmen aber wird es nun möglich weit über die reguläre Lebenszeit von Serien Werbung zu schalten. Diese werden sowohl auf anderen Sendern bei Weiderholungen als auch auf der DVD vorhanden sein und erreichen somit natürlich ein weitaus größeres Publikum. Des Weiteren ändert sich dadurch auch die komplette Fernsehlandschaft, da Sendeplätze für die Werbung immer weniger relevant für Firmen werden.
Einer der wichtigsten Gründe aber für die Veränderungen in der Fernsehwelt und dadurch auch in der Werbung, ist die starke Fragmentierung des Zuschauermarktes. Aufgrund von Veränderung von Technologie und Kultur werden Werber gezwungen immer neue Wege zu finden die gewünschte Zielgruppe zu erreichen. Früher war der Zuschauer eher passiv und wollte simple Unterhaltung für die er auch Werbepausen in Kauf nahm. Diese Art von Werbung war der einfachste Weg große homogene Gruppen mit ähnlichen Interessen auf einmal anzusprechen. Die junge Generation, die mit dem Internet groß geworden ist, hat eine vielfältige Fernsehkultur entwickelt, in der sie sich auch gerne selber einbringen möchten. Viele dieser neuen Generation gehören zur gehobenen Mittelschicht und können sich die dazugehörige Technik leisten und geben demnach auch sehr viel Geld dafür aus. Diese Zielgruppe ist oft Werbung gegenüber aber sehr skeptisch und versucht natürlich die neue Technologie zu benutzen um diese zu umgehen. Diese äußerst wichtige Zielgruppe der 18 bis 49-jährigen hat oft ein gutes Einkommen und ist mit Werbung nicht leicht zu beeindrucken.
Der Zuschauer hat heute auch viel mehr Möglichkeiten als früher seinen Durst nach Fernsehunterhaltung zu stillen. Serien können auf Festplattenrekordern aufgenommen und dann ohne Werbeunterbrechungen angeschaut werden. Des Weiteren können viele Serien auch online gesehen werden, wo das herkömmliche Unterbrechungsmodell nur bedingt funktioniert. Das hat vor allem mit der kürzeren Aufmerksamkeitsspanne zu tun die es Online gibt, sowie der Möglichkeit diese mit Hilfe von sogenannten Ad-Blockern ganz zu entfernen. Durch die Ausbreitung des Internets ist Fernsehen nicht mehr an einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Zeit gebunden, sondern die Konsumenten können entscheiden wie, wann und wo sie etwas schauen wollen.
In den Serien der großen amerikanischen Fernsehsender ist schon jetzt ein neuer Trend im Bezug auf Product Placement absehbar. Dort wird schon teilweise, vor allem in Comedy-Serien, explizit auf Platzierungen hingewiesen. Das persiflieren und ironische Erwähnen des Produkts scheint auf den ersten Blick kontraproduktiv zu sein, da normalerweise jegliche Art der Störung der narrativen Welt des Fernsehens dem Publikum unbehaglich erscheint. Jedoch ermöglicht es diese Art des Umgangs sich auf die Seite des Konsumenten zu schlagen und sich gemeinsam über die Platzierung zu amüsieren. Diese enge Beziehung zum Konsumenten hat zwar keinen direkten Effekt auf das Kaufverhalten, trägt aber wahrscheinlich dazu bei, eine endgültige Kaufentscheidung zu beeinflussen, wenn man positiv auf die Marke reagiert hat.
In den USA wird sogar ein Schritt weiter gegangen. Zuschauern ist aufgefallen, dass in Wiederholungen mancher Fernsehserien, Produkte nachträglich digital hinzugefügt worden sind. Der Sender NBC ist hierbei führend bei Product Placement und ist auch für eine stetig steigende Verschmelzung verantwortlich die viele Möglichkeiten bietet. In einer vor kurzem ausgestrahlten Wiederholung einer Folge der erfolgreichen Sitcom Friends, konnte man eine Packung Kekse entdecken, die beim ursprünglichen Sendedatum nicht auf dem Tisch stand. Des Weiteren wurde bei der, auch in Deutschland sehr beliebten Serie How I Met Your Mother, ein Buch im Hintergrund festgestellt, dass den Kinofilm Der Zoowärter anpries. Diese versteckte und im Nachhinein veränderbare Werbung bietet ungeahnte Möglichkeiten sollte aber nur sehr vorsichtig angewandt werden. Schwierig ist es jedoch diese Art von Werbung auch in Deutschland einzusetzen, da viele Serien und Filme aus den USA auch hier gezeigt werden, es hier die angepriesenen Produkte aber gar nicht gibt. Jedoch bringt es auch für deutsche Serien und Filme ungemeine Vorteile. Zum Beispiel könnten Produkte regional anders eingefügt werden um genau die richtige Zielgruppe zu erreichen.
Wichtig bleiben für Werber werden weiterhin Veranstaltungen und Events sein, die werbetechnisch immer noch hohe Rendite bringen. Großereignisse wie Sportübertragungen können immer noch eine hohe Zielgruppe binden, weswegen diese auch kaum neue Werbeformen einbinden. In Zukunft wird es aber immer wichtiger werden sich mit diesen neuen Werbeformen auseinanderzusetzen, da die bisherige Zielgruppe sich langsam aufzulösen scheint. Eine umfassende Analyse der Möglichkeiten und ein „fairer“ Umgang mit Werbung werden sehr wichtig werden und sicherlich Diskussionen beflügeln. Eine Balance zwischen den Zuschauerwünschen und den wirtschaftlichen Interessen von Firmen sollte das Ziel sein, das Product Placement in Deutschland in Zukunft einnehmen sollte. Wir können gespannt sein, wie sich Platzierungen in Deutschland seit der Öffnung verändern und welche Neuerungen es geben kann.
Autor:
Andy Höschele
Links:
Rundfunkstaatsvertrag der Bundesrepublik Deutschland
http://goo.gl/Kv2ZO
Product Placement bei Seven-One Adfactory
http://goo.gl/B1eQd
Product Placement bei IP Deutschland
http://goo.gl/g8zmi