„Nein“ zur Handelsmarke Ja! | MTP e.V.

Bei sich immer stärker überschlagenden Lebensmittelskandalen wird der katastrophengewohnte Leser vermuten, dass unsere Blog-Redaktion einen weiteren Eklat im Einzelhandel aufgedeckt hat, diesmal bei der Handelsmarke Ja! von Rewe. Was könnte schief gegangen sein? Sägemehl im Müsli – oder gar schlimmer – Hund in den Tortellini? Für Ilse Aigner wäre der Frühling ruiniert und eine erneute Welle des Bundesministerinnen-Bashings würde losgetreten werden. Grund zur Freude hätte einzig das Team der heute-show, das eine Steilvorlage für die erfolgreiche Satiresendung geboten bekäme. Doch leider müssen wir Oliver Welke und seine Kollegen enttäuschen. Denn die Problematik ist eine andere.

Lassen wir den Einzelhändler Rewe aber zunächst selbst zu Wort kommen: „Einkaufen und dabei bares Geld sparen, ganz ohne auf etwas zu verzichten. Das klingt nicht nur toll, sondern ist auch seit 30 Jahren das Erfolgsrezept unserer Ja!-Eigenmarke.“ So wirbt Rewe auf der eigenen Homepage.

Vergleichen wir also das Bild einiger Ja!-Produkte mit den entsprechenden Herstellermarkenartikeln.

Links Produkte der Handelsmarke Ja!, rechts Herstellermarken

Schnell wird ersichtlich: Ein Konsument, der großen Wert auf Ästhetik legt, kann bei der Produktpolitik der Handelsmarke im Hinblick auf die Verpackungsgestaltung nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Denn auf Design muss er überwiegend verzichten und sich mit Funktionalität zufrieden geben. Nach einem Ja!-haltigen Einkauf bei Rewe hat er bald nur noch eines vor Augen: Die reduzierte und plakative Gestaltung der Marke, die ihm entgegen zu schreien scheint: Ja, ich bin billig! Stell mich lieber nicht auf den Tisch, wenn du wichtigen Besuch hast!

Zwar bleibt der Shopper nach einem Blick entlang der Regale schnell bei den Eigenmarkenprodukten hängen, da sie trotz ihrer Platzierung, die sich meist im Bückbereich befindet, stark hervorstechen. Das trägt dazu bei, dass Ja! einen sehr hohen Bekanntheitsgrad aufweist. Dennoch kaufen viele potentielle Ja!-Kunden vorzugsweise bei Aldi ein, wenn sie keinen bestimmten Herstellermarkenartikel benötigen. Daran hat auch das identische Preisniveau der „Aldinativen“ nichts ändern können. Liegt die Ursache hierfür wirklich nur in der Überforderung der Käufer durch die große Produktauswahl bei Händlern wie Rewe und Edeka, die im starken Kontrast zu dem überschaubaren Sortiment von Aldi steht? Vielleicht ist die oft plakative und aufdringliche Gestaltung der Handelsmarken auch nicht ganz nebensächlich. Aldi zeigt, dass preiswert nicht billig aussehen muss. Unterbewusst nimmt der Kunde dadurch wahr, dass der eigene Einkauf eine höhere Wertschätzung erfährt, was ihn zufriedener stimmt.

Aldi-Produkte (rechts) können optisch eher mit den teuren Markenprodukten mithalten.

Darin könnte ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal von Aldi liegen. Die Bemühungen um ein schönes Verpackungsdesign scheinen sich bei Rewe und Edeka aber weiterhin vorwiegend auf die teureren Edeka- und Rewe-Produkte zu konzentrieren, die um ein anderes Kundensegment konkurrieren als die „Aldinativen“. Eine Änderung dieser Strategie könnte sich demnach durchaus lohnen, sofern keine Kannibalisierung der teureren Handelsmarken droht. Die Kunden wollen wirklich empfinden, dass sie bares Geld sparen, dafür aber auf nichts verzichten müssen. Und ist der Kunde nicht König.

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