Für die meisten sind es Annehmlichkeiten, die, einmal besessen, unverzichtbar geworden sind und einen wichtigen Teil im alltäglichen Leben übernehmen. Für andere sind sie jedoch der Fluch des 21. Jahrhunderts, da sie einen in der heutigen Welt nicht mehr loslassen und zu ständigem Kontakt zwingen. Die Rede ist von digitalen Geräten, die sich in den letzten 20 Jahren so rasant weiterentwickelt haben, dass ein globales Miteinander ohne sie heute nicht mehr vorzustellen wäre.
Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Alltagssituation man sich gerade befindet. Ob beim Sport, beim Einkaufen oder beim Einkaufsbummel durch die Straßen. Für jede Nische des Lebens gibt es mittlerweile Systeme, die uns helfen, Spaß bringen oder besser vernetzen sollen. Das morgendliche Aufstehen erleichtert uns eine Wecker-App mit unserer Lieblingsmelodie. Der Abend endet mit einem letzten Blick auf die Startseite von Facebook, auf der aktuelle Meldungen von Freunden zu sehen sind. Dazwischen, also tagsüber, erschlagen einen QR-Codes, die man mit seinem Smartphone abfotografieren kann und somit auf bestimmte Seiten geleitet wird, Facebook-Adressen, die einen auffordern, eine bestimmte Seite zu „liken“ oder internetgesteuerte Gewinnspiele. Alles läuft über das mobile Internet, das mit Sicherheit den größten Anteil an der neuzeitlichen Digitalisierung hat.
Doch nicht nur diese Geräte spielen heutzutage eine große Rolle: auch in der Industrie, in der Wirtschaft oder an der Universität ist ein Leben ohne digitale Medien nicht mehr vorstellbar. Angefangen von Robotern, die die menschliche, fehleranfällige Arbeit ersetzen, über Börsenprogramme für das Notebook bis hin zu Online-Plattformen wie „Moodle“; ein zentraler Server für Universitäten, über den immer mehr Hausaufgaben, Tests und Koordinationen laufen.
Dies sind nur einige wenige Beispiele, die unser digitalisiertes Leben belegen, doch ist es möglich, heute ohne diese Geräte auszukommen?
Ich habe versucht, einen Tag ohne diese Medien auszukommen, um herauszufinden, wie groß meine Abhängigkeit mittlerweile geworden ist.
Die erste Konfrontation ergab sich gleich morgens beim Aufstehen. Ohne Handywecker war ich auf den Weckdienst durch das Tageslicht angewiesen, weshalb ich gleich 2 Stunden länger schlief als gewohnt. Vorausschauenderweise habe ich den Versuch am Wochenende gemacht, damit ich nicht zu spät in die Uni kommen würde.
Die zweite Konfrontation folgte unmittelbar nach dem Frühstück – lange oder kurze Hose? Ist es warm oder kalt draußen? Schwer zu sagen, ohne Wetterapp oder Internet. Da ich auch die Zeitung morgens über eine App lese, hatte ich keine Chance zu wissen, wie das Wetter an diesem Tag aussehen würde. Intuitiv griff ich zur langen Hose, ehe ich mich dazu entschied in die Stadt aufzubrechen. Doch woher soll man wissen, wann die Tram Richtung Stadt losfährt? Normalerweise gibt es dazu von der Münchener Verkehrsgesellschaft ebenfalls eine App, die verrät, wann wo welche öffentlichen Verkehrsmittel abfahren. Doch die hatte ich jetzt nicht und so musste ich an der Haltestelle warten – und all das ohne Musik über mein Handy hören zu können!
Dort fiel mir sofort ein großes Werbeplakat auf; mit Facebook-Adressen und QR-Codes, die hinter denen sich weitere Informationen zu den Produkten verbargen. Doch auch hier war ich außen vor. Nach unzähligen weiteren vergleichbaren Plakaten und in der Stadt angekommen, begab ich mich auf die Suche nach einem Schuhgeschäft. Als Nicht-Münchner kenne ich mich nicht aus, weshalb ich normalerweise das gewünschte Ziel in mein Smartphone eingebe und mir die Route dorthin anzeigen lasse. Doch ich hatte kein Smartphone, weshalb ich mir durch langes Nachfragen den Weg zu meinem Schuhladen suchen musste. Als ich angekommen war und Schuhe gefunden hatte, griff ich reflexartig nach meinem Handy, um mittels mobilen Internets die Preise zu vergleichen. Vielleicht würde ich dieses Modell wo anders günstiger finden? Aber hier musste ich, entgegen meiner Gewohnheit, ebenso passen. Also kaufte ich sie mir ohne Vergleich und bahnte mir den Weg zurück nach Hause.
Nachdem ich angekommen war, setzte ich mich an meine Hausaufgaben für die Universität. Doch ich merkte auch hier schnell, dass ich ohne Internet, ohne Notebook, ohne iPad keine Chance hätte, diese zu lösen, geschweige denn, überhaupt die Aufgabenstellung zu lesen. Denn wie so vieles heutzutage, laufen auch die meisten Hausaufgaben über Online-Server. Das ist normalerweise zwar sehr praktisch und papiersparend, doch in diesem Moment war ich vollkommen abgeschnitten vom aktuellen Geschehen in der Uni. Auch die Nachrichtenwelt war mir nicht zugänglich und der Kontakt zu Freunden konnte ebenfalls nicht stattfinden.
Als mir das alles immer klarer wurde, wusste ich nicht, was ich mit dem Tag anfangen sollte. Aus Langeweile ging ich eine Runde joggen, wobei ich darauf verzichten musste, dass meine Schritte und gelaufenen Kilometer durch mein Smartphone mitgezählt werden. Den Trainingsfortschritt konnte ich demnach nicht ausrechnen lassen.
Die restliche Zeit des Tages verbrachte ich dann damit, ein Buch zu lesen und mir mein Abendessen vorzubereiten – zumindest das habe ich ohne Hilfe aus dem Internet und ohne App geschafft!
Während ich später, zum Schlafen bereit, im Bett lag, war ich auch hier gezwungen, entgegen meiner Gewohnheiten, auf ein letztes Überfliegen der Tagesnachrichten sowie Facebook zu verzichten. Auch den Wecker für den nächsten Tag konnte ich mir wieder nicht stellen. Ein ungewohnter Tag fand so seinen genauso ungewohnten Ausklang.
Abschließend kann ich als Fazit festhalten, dass ein Tag komplett ohne Smartphone, Internet und PC sowie die damit verbundene fehlende Verbindung zur Außenwelt für mich nur im Urlaub vorstellbar ist. Zu groß ist die Abhängigkeit mittlerweile geworden, was sich besonders gut am Beispiel der Universität belegen lässt. Es mag zwar sehr praktisch sein, alles per Knopfdruck übersichtlich auf „Moodle“ aufgelistet zu haben, fällt jedoch einmal etwas aus, sind Tausende Abhängige betroffen und das gesamte System des Lernens funktioniert nicht mehr. Insgesamt hat es mich überrascht, wie sehr die Digitalisierung sich in mein Leben geschlichen hat und es mittlerweile dominiert. Die enorme Einbindung, das ständige Kommunizieren und der damit verbundene Zwang zum direkten Antworten machen das heutige Leben extrem schnelllebig und hektisch. Es bleibt selten Zeit über gelesene Nachrichten nachzudenken, denn der Absender erwartet bereits eine Antwort. Dies bringt auf der einen Seite zwar eine Zeitersparnis mit sich, die man sinnvoll nutzen kann, auf der anderen Seite fehlt jedoch Zeit für sich alleine, zum Nachdenken und Erholen. Damit man also nicht im Datenaustausch erstickt, muss man selber ein Gleichgewicht zwischen permanenter Interaktion und der Möglichkeit, sich zurückzuziehen, finden.
Gelingt das, dann helfen Digitalisierung und die neuen Medien bei einer effizienteren Kommunikation.
Dies ist der dritte Teil einer Serie über die Generation Y – passend zur Ausgabe 15. Weitere Artikel folgen innerhalb der nächsten Wochen. Viel Spaß beim Lesen!
Über den Autor:
Lukas Müller
GS München
Lukas Müller ist 20 Jahre alt und studiert TUM-BWL in München. Er ist begeisterter Sportler, besonders gerne spielt er Fußball und Tennis. Da er nicht aus München kommt, waren Smartphones etc. am Anfang eine besonders gute Orientierungshilfe für ihn in München. Auch für sein anstehendes Auslandssemester in Singapur wird er wieder auf Smartphones setzen, um sich zurecht zu finden.
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