Schwere Kost – Werbeaussagen für Lebensmittel | MTP e.V.

Zum Schutz der Verbraucher unterliegen Werbeaussagen für Lebensmittel seit einem Jahr einer neuen EU-Richtlinie. Was ist  verboten? Was ist erlaubt? Und warum verfehlt diese Verordnung ihr eigentliches Ziel?

Die Tricks der Hersteller

Leider existiert bei Lebensmitteln sehr oft eine große Kluft zwischen der öffentlichen Darstellung des Produktes und der tatsächlichen Produktbeschaffenheit. Neben geschönten Produktbildern und luftigen Verpackungen gehen die Lebensmittelhersteller spätestens seit dem Aufstieg des“’Functional Food“-Marktes (also Lebensmittel mit Gesundheitsnutzen) ausgiebig mit zweifelhaften Werbeaussagen hausieren. „Für starke Knochen“, „Stärkt die Abwehrkräfte“, „Gut für Körper und Geist“. Viele dieser Aussagen sind meist nur schwach oder überhaupt nicht wissenschaftlich fundiert. Verbrauchern fällt es in diesem Dschungel an Behauptungen schwer, sich verlässlich informieren und entscheiden zu können.

Schutz vor Irreführung – ein nobles Ziel

Diese Problematik wurde auch vom Europäischen Parlament erkannt und mündete im Dezember 2006 in der Veröffentlichung der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 – besser bekannt unter dem Namen „Health-Claims-Verordnung“. Darin wird vorgeschrieben, dass gesundheitsbezogene Werbeaussagen (also „Health-Claims“) künftig nur noch dann verwendet werden dürfen, wenn sie wissenschaftlich belegt und von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) genehmigt worden sind. Damit wandelte sich das grundlegende Prinzip für Werbeaussagen. Wo vorher noch galt: „es ist erlaubt, was nicht verboten ist“, gilt nun: „es ist verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist“. Zu diesem Zwecke erarbeitete die EU eine „Positivliste“ mit den Werbeaussagen, die künftig weiter verwendet werden dürfen. Von den insgesamt über 44.000 eingereichten Anträgen genehmigte die EU nach Konsolidierung und wissenschaftlicher Bewertung bis zum heutigen Tag nur ganze 249 Claims (vorwiegend zu Vitaminen und Mineralstoffen). Diese zugelassenen Werbesprüche lesen sich dann beispielsweise so: „Kupfer trägt zu einem normalen Eisentransport im Körper bei“. Andere (wenn auch nur mittelbare oder suggestive) „Claims“ führen schnell zu teuren Abmahnungen, wie das Beispiel eines Winzers zeigt, der seinen Wein nicht mehr „bekömmlich“ nennen darf.

Irreführung behoben oder verstärkt?

Anders als bei Patenten oder Marken sind Health-Claims keine Exklusivrechte, sondern dürfen nach Genehmigung durch die EU-Behörden frei von allen Marktteilnehmern verwendet werden. Dies ermöglicht auch Herstellern von „ungesunden Lebensmitteln“, durch die Anreicherung mit Vitaminen und Mineralstoffen einen scheinbaren Gesundheitsnutzen auszuloben. Die Problematik lässt sich gut am Beispiel der „Erkältungssalami“ verdeutlichen. So muss ein Wurstanbieter nur eine geringe Menge an Ascorbinsäure (Vitamin C) zusetzen, um auf seiner Salami einen „Beitrag zur normalen Funktion des Immunsystems“ anzupreisen. Oder wie wäre es mit einer Dental-Schokolade. Dank Phosphorzusatz trägt die Süßigkeit zur „Erhaltung normaler Zähne“ bei. Eine „Cola für gesunde Knochen“ lässt sich auch simpel produzieren: einfach wahlweise Calcium, Magnesium, Mangan, Phosphor, Vitamin C, D oder K zugeben.

Wenngleich den Bemühungen der EU in puncto Health-Claims ein nobler Hintergedanke zugrunde liegt, so bietet die Verordnung den Herstellern letztlich eine einfache Möglichkeit für einen offiziell durch die EU-Behörden gestützten „Gesundheitsanstrich“. Dadurch wird einer fortwährenden Verbrauchertäuschung Tür und Tor geöffnet. Auf der anderen Seite werden Unternehmen klar schlechter gestellt, die sich tatsächlich um innovative und wissenschaftlich fundierte Produkte bemühen. Um Pflanzenstoffe für einen Health-Claim anzumelden, benötigt man viel Zeit und noch mehr Geld. Und falls es zur Genehmigung kommt, darf sich jeder andere Anbieter diese Werbeaussage ebenso auf die eigene Flagge schreiben. So bleibt in der Zwischenzeit nur das Zurückhalten von Innovationen oder der Weg in eine rechtliche Grauzone.

Über den Autor:

Chris Volke

Chris Volke ist Student und Mitgründer von Nijoz Denk-Getränk. Das bei Studenten, Berufstätigen und Senioren beliebte Getränkepulver enthält hochwertige Brain-Foods aus aller Welt, über deren Wirkung man sich leider selbst informieren muss 😉

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