Wer kennt nicht das Gefühl, vor dem Regal zu stehen und nicht zu wissen, welchen Jogurt, Schokoriegel welches Shampoo, nein welchen Softdrink man nehmen soll? Aber kein Problem, da die meisten Marken nur einer Handvoll Konzernen gehören, wandert das Geld in die immer gleichen Töpfe:
Wer meint, das sei in Deutschland anders, der irrt sich gewaltig. Jan Drechsler von queo hat sich die Mühe gemacht und einen ersten Entwurf für eine Karte „Markenland-Deutschland“ erstellt:
Markenland Deutschland – von Jan Drechsler
Offensichtlich wird die deutsche Supermarktlandschaft von drei Großen – Rewe, Edeka und Metro – kontrolliert – wie gut, dass Lidl da noch relativ autonom ist…. Aber dass Radeberger, Freiberger und Sternburger alle zum selben Konglomerat gehören verstört mich als wenig Bier trinkenden Sachsen ja schon.
Doch obwohl ich die Karte persönlich sehr interessant finde und mich schon sehr über eine Erweiterung freue (z.B. durch die Eigenmarken der Einzelhändler oder durch internationale Konzerne, die „deutsche“ Marken besitzen), so muss ich Jan doch inhaltlich an einer Stelle widersprechen:
die Aufgabe für jede Marke, egal ob groß oder klein, sollte es sein, Nähe zu den Menschen, deren Bedürfnissen, Lebensumständen und deren sozialer und kultureller Umgebung herzustellen. Das können regionale Unternehmen oftmals natürlicher, jedoch aufgrund von fehlender Professionalisierung weit weniger erfolgreich als große Unternehmen.
Da muss ich aus Prinzip sagen: Nein! Eine Marke hat viele verschiedene Aufgaben und je nach Situation ist eine bestimmte relevanter als andere. Gerade Herstellermarken haben eine Orientierungsfunktion und geben dem Konsumenten Sicherheit, eine gewisse Qualität zu erhalten. Eine Marke muss nicht Nähe zu den Bedürfnissen der Kunden herstellen, sie soll Produkte/Dienstleistungen kreieren, die diese Bedürfnisse erfüllen. Teilweise ist es durch das wahrgenommene Image der Marke diese höchst selbst, die das Bedürfnis z.B. nach Prestige erfüllt. Oder ganz anders die Marke ja! – wo ist da die Nähe zum Kunden? Im Gegenteil. Der Erfolg dieser Marke ergibt sich aus der Distanz und der Einfachheit bzw. dem günstigen Preis. Der Konsument will sich in diesem Moment ja gar nicht fragen, woher das billige Zeug kommt, sondern einfach Geld sparen. Wenn er Glück hat, kauft er damit trotzdem Rewe Feine Welt Qualität…
Natürlich gibt es Situationen und Konsumenten, da ist die Herstellung von Nähe zentral und Jan hat daher in einem zentralen Punkt Recht:
Glokalisierung ist hier das Trendstichwort. Für kleine, regionale Marken, die wachsen möchten, genauso relevant wie für große Marken, die neue Absatzgebiete erschließen wollen.
Ja, die großen suchen immer mehr Nähe zu den Konsumenten, weil sich hier Wachstumspotentiale ergeben. Doch der Konsument durchschaut nur zu schnell Werbemanipulationen durch Konzerne und gefakte (steht sogar im Duden) Regionalität. Deren Taktik ist daher, kleine, erfolgreiche, regionale Marken aufzukaufen und (autonom) weiterleben zu lassen. Bestes Beispiel war 2006 The Body Shop, der inzwischen zu L´Oréal Nestlé gehört. Und Bionade ist dem Anschein nach Teil von Dr. Oetker…
Dadurch wird die faktische Wahlmöglichkeit der Konsumenten eingeschränkt und das ist selten gut. Psychologisch sind wir zwar befriedigt/beruhigt, dass wir bewusst eine bestimme Marke erwählten (egal welche Gründe wir da auch immer attribuieren), aber die Realität hinter der Markenwelt sieht anders aus: Wenn immer mehr Marken sich hinter immer weniger Konzernen konzentrieren, versorgt im schlimmsten Falle am Ende ein Monopolist. Der tut zwar so, als ob er keiner wäre, hat aber die Macht, Märkte zu manipulieren.
Es ist daher Aufgabe der Konsumenten, sich zu informieren und bewusst zu kaufen und Aufgabe von Verbraucherverbänden und Markenfachleuten aufzuklären. In diesem Sinne:
Danke Jan!
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