Gott schuf das Bild, er sah, dass es gut war. Danach schuf er die Sprache und er sah, dass sie der Ursprung für Verständnis ist. Dann kam der Mensch. Er ging auf zwei Beinen, ein Blick genügte und er sah, dass ein Blick allein nicht genug ist.
Er erfand die Werbung, damit ein Blick ausreicht – ja, das kaufe ich. Doch wo bleibt da die Sprache? Sprache ist ein Thema, das nicht allein die Germanisten, Romanisten, Literaturkritiker und den Duden auf Trab hält. Sie nimmt einen unleugbaren Einfluss auf unsere Beziehung zueinander, sie baut Brücken und reißt sie auch wieder ein, sie ist ein Spiegel der Zeit und damit auch ein wichtiges Instrument der Werbung.
Die Werbesprache ist ein relativ neues Phänomen. Sie galt zunächst als die Wurzel des Bösen, als der Ursprung der Verführung. „Sprachverfall! Verdummung!“, schrie die Gesellschaft im Chor. Dass Werbung neben ihrem persuasiven Aspekt auch Kunst ist, wurde in der Kritik häufig außen vor gelassen. Erst Ende der 60er fanden erste ernsthafte Auseinandersetzungen mit der Sprache und ihrer Wirkung in der Werbung statt. Im selben Maße, in dem die Bedeutung von Werbung zunahm, wuchs auch das Interesse an der Erforschung der vorher verpönten Tätigkeit, Worte für das Käufliche und Unverkäufliche zu finden. Man kann aber mit gutem Gewissen sagen, dass die Werbesprache weiterhin das missliebige Stiefkind der Sprachwissenschaft ist. Dabei ist sie letztlich nur eine Fortsetzung der über die Jahre entwickelten Sprachwerkzeuge, wie zum Beispiel der Rhetorik und Stilistik. Ob nun Actimel mit der Alliteration „Actimel aktiviert Abwehrkräfte“, Burger King mit der Klimax „Bigger, better, Burger King“ oder etwas exotischer Giotto mit dem Oxymoron „Die runde Nussecke“ wirbt – so richtig lassen uns diese verstaubt geglaubten Sprachtheorien nie mehr los.
In Zeiten, in denen jeder Einzelne von Werbung regelrecht überschwemmt wird, entscheiden Sekunden darüber, ob das Gelesene aufgenommen oder mit einem Wimpernschlag wieder vergessen wird. Da scheint der Kampf um Sprache in der Werbung ein verlorener zu sein. Fakt ist, dass Bilder schneller verarbeitet, besser aufgenommen werden und wie nichts anderes dafür geeignet sind, Emotionen zu transportieren. Ein Bild sagt ja bekanntlich mehr als tausend Worte. Gibt es dann überhaupt noch Platz für Sprache?
Ja, denn Sprache legt den Grundstein für Verständnis. Kenne ich den Markennamen nicht, weiß ich auch nicht, dass die lila Kuh für Milka und damit für die „zarteste Versuchung seit es Schokolade gibt“ steht. Erst unser Wissen um das Produkt, der Wiedererkennungswert einer Marke, führt auch zur Kaufentscheidung. Das besonders in einer Zeit, in der Produkte sich kaum noch unterscheiden und immer erklärungsbedürftiger werden. Der Konsument will Bescheid wissen, er will die Persönlichkeit einer Marke spüren, etwas mit dem er sich identifizieren kann. Sprache ist doch letztlich das Gemeinsame, das unsere Gesellschaft zusammen hält. Warum gehen Wörter wie „supergeil“ in unseren Sprachgebrauch ein? Richtig, weil sie unsere Zeit widerspiegeln, weil wir Teil dieser Zeit sind und die Werbung einen Ausdruck für uns findet. Und natürlich weil Friedrich Liechtenstein schon so ziemlich supergeil durch den Edeka Markt tanzt.
Sprache und ihre Logik, ihre Kniffe und Wendungen faszinieren Menschen seit Jahrhunderten. Letztlich ist die Werbesprache nur ein kleiner Teilbereich des großen Ganzen und hilft uns, eine Zeit abzubilden, für Aufmerksamkeit zu sorgen und unserer Kreativität so richtig freien Lauf zu lassen. Man darf gespannt bleiben welche Kapriolen die Sprache noch so schlagen wird und ob sich das missliebige Stiefkind nicht doch noch zum geachteten Sprössling der Sprachwissenschaft entwickeln wird.