Kundenservice als Teil des Marketings der Zukunft in Unternehmen | MTP e.V.

Letzte Woche war ich einkaufen. Während ich mich im Laden vollkommen verzettelt hatte, kam ich schließlich völlig überfordert an der Kasse an. Ich vergaß vollkommen mein Parkhausticket abstempeln zu lassen und musste daher noch einmal zurückkehren. Da kam mir der „Servicepoint“ am Eingang genau recht. Ich marschierte geradeaus drauf zu und freute mich innerlich, dass mich dort niemand kannte oder mein Fiasko mit angesehen hatte. Am Tresen angekommen merkte ich schnell, dass eine Mitarbeiterin dahinter stationiert war, „um Kundenfragen zu beantworten“. Doch diese war damit beschäftigt, sich über den Tresen hinweg mit einer anderen Mitarbeiterin darüber zu unterhalten, welchen Kochtopf sie sich gerade zugelegt hatte und welche zu empfehlen waren. Geschlagene fünf Minuten schaffte sie es alle Pros und Contras aufzulisten und mich gekonnt zu ignorieren. Meine Frustration stieg.

Wir kennen das alle: Das endlose Warten in Warteschleifen von Telefonhotlines, das nicht vorhandene Wissen von Hotline-Mitarbeitern und dass komischerweise keine unserer Infos und Beschwerden weitergeleitet wurden, obwohl uns doch zu 100 % versichert wurde, dass wir einen Rückruf bekämen und sich auf jeden Fall jemand darum kümmern werde. Erst letzten Monat bekam ich eine Nachricht von meinem Telefonanbieter, dass mein Anschluss wieder repariert und voll funktionsfähig sei… Nebenbei bemerkt: Meine Beschwerde über diesen Anschluss reichte ich vor über einem halben Jahr ein.
Das bringt die Fragen auf: Wer unterschätzt schlechten Service und wie kommt dieser zustande?  Inwieweit nutzen Unternehmen ihre Serviceangebote als Teil des Marketings? Wie kann es sein, dass wir uns bei Telefonanbietern hinhalten lassen, während wir ein Restaurant mit schlechtem Service einfach nicht wieder besuchen.
In der heutigen Zeit, in der es bei den meisten Kunden nur noch darum geht, so wenig wie möglich zu zahlen, sieht es für Unternehmen im jetzt und in der Zukunft düster aus diesem Wunsch nachzukommen. Jeder will am Markt erfolgreich bleiben, sich gekonnt durchsetzen und wirbt mit allem, was er hat. Dies veranlasst viele Unternehmen dazu, dem Wunsch ihrer Kunden nach niedrigeren Preisen nachzukommen. Die Kundenerfahrung ist nicht aktiver Teil des Angebots. Hier Geld reinzustecken würde in erster Linie nur alles teurer machen. Doch dies hat auch einen Preis für die Unternehmen. Sie müssen an vielen Enden einsparen und da kommt der Kundenservice schnell mal zu kurz. Man kann schließlich weniger Servicemitarbeiter beschäftigen und weniger Schulungen anbieten, viele Anfragen vorher über computergesteuerte Systeme laufen lassen und humanes Kapital gegen günstigeres technisches Kapital ersetzen. Um die Preise trotzdem noch rentabel zu halten, werden Angebote an Kunden immer unübersichtlicher gestaltet.
Der Kunde wünscht sich also niedrigere Preise und endet schließlich damit, einem Computer seine Probleme zu schildern und von einem Servicemitarbeiter leider auch keine Hilfe zu bekommen, da dieser zu wenige Schulungen erhalten hat um helfen zu können. Dies ist ein Teufelskreis im Marketing.
Viele Unternehmen messen der Kundenerfahrung keinen hohen Stellenwert bei. Eine Studie von „Bain & Company“ zeigte auf, dass nur 8% der befragten Kunden den direkten Kundenservice „überragend“ fanden, während 80% der Manager überzeugt waren, guten Kundenservice zu liefern. Einige Manager waren sich über die Probleme im Klaren und versuchten, durch Zufriedenheitsstudien im CRM (Customer Relationship Management) und Marketing Änderungen vorzunehmen. Doch oftmals sind nicht die Studien oder die gesammelten Daten das Problem, sondern die Tatsache, dass die erhobenen Informationen nicht kommuniziert werden oder verloren gehen. Die Unternehmen sind zu groß, um ohne eigene Kundenservice-Abteilung, Informationen weiter zu leiten. Mitarbeiter zu finden, die sich hierfür zuständig fühlen und produktive Änderungen vornehmen, können also nicht direkt aufgezeigt werden. Könnte das ein Punkt sein, ob Mitarbeiter aus dem Marketing für diesen Zuständigkeitsbereich eingeteilt werden sollten?
Die Lücke zwischen Erwartungen und Erfahrungen wird immer größer und die Unzufriedenheit mit Unternehmen steigt und führt dazu, dass wir uns anderswo umsehen. Das Marketing scheint versagt zu haben, obwohl es in vielen Unternehmen keinen direkten Zusammenhang mit dem Kundenservice hat. Doch wer kann in der heutigen Zeit noch guten Service zu niedrigen Preisen bieten. In Verträgen sind wir meist zwei Jahre an Unternehmen gebunden und der Service vor dem Abschluss ist schließlich immer ausgezeichnet und zuvorkommend. Sehen wir uns also im Restaurant- und Verbrauchermarktsektor um, in dem wir bei unserem Besuch maximal zwei Stunden dem Kundenservice ausgesetzt sind. Hier fällt es uns viel einfacher die Notbremse zu ziehen und uns gegebenenfalls zu entscheiden, dieses Restaurant oder diesen Supermarkt nicht wieder zu besuchen. Doch wie oft erfahren wir im Restaurant- und Verbrauchermarktsektor schlechten Service im Vergleich zu Unternehmen? Nicht so oft. Denn bei Restaurants und Supermärkten ist der Service ein großer Teil der Vermarktung. Hier gilt es von Tag zu Tag zu überleben.
„Service bedeutet Personal und das verursacht Kosten. Etwas, das beim Wirtschaften eigentlich minimiert werden soll und Manager abschrecken lässt“, so Unternehmer Jakob Ruprecht. Es ginge immer darum, Kosten zu senken und den Umsatz zu steigern. Service in Form von Maschinen funktioniert immer – bis Probleme auftauchen. Der Unternehmer weist darauf hin, dass schlechter Service sehr teuer werden kann. Eine hohe Abwanderung von unzufriedenen Kunden bedeutet, dass mehr Geld aufzuwenden ist für Marketing und das Binden von Neukunden. In der Regel ist es da meistens günstiger Kunden durch guten Service zu halten. Vielen Unternehmen sei das nicht bewusst. „Doch in Amerika ist dies bereits eine Strategie, die in einigen Branchen verfolgt wird“, so der Herr Ruprecht. Ein Beispiel ist der Vergleich von Kellnern in Deutschland und den USA. Während in Deutschland Kellner ein Festgehalt erhalten, ist der Stundenlohn von Servicekräften in den USA sehr gering und basiert auf dem Konzept, dass Amerikaner mehr Trinkgeld geben, je besser der Service war. So liegt der durchschnittliche Trinkgeldsatz in den USA zwischen 20-25%. Ein deutscher Kellner erhält einen festen Lohn am Ende des Monats, doch amerikanische Kellner haben ihren Lohn schnell durch exzellenten Service angehoben. Viele Unternehmen erkennen das darin steckende Potential nicht, so Jakob Ruprecht, doch beispielsweise KLM habe dieses erkannt, in die Tat umgesetzt  und glänze mittlerweile seit längerer Zeit auf dem internationalen Markt mit ausgezeichnetem, all umfassendem Service. Mund-zu-Mund-Propaganda sei ausschlaggebender als so mancher einschätzt. So weist der Unternehmer in seinen abschließenden Worten: „Wenn den Leuten etwas gefällt, spricht sich das schnell rum.“
Auf einem Markt, wo die Kunden in der Zukunft immer mehr Macht über Unternehmen gewinnen, sollte man sich im Bereich Marketing daher überlegen, wie viel Einfluss die Kundenzufriedenheit auf das Bild der Unternehmen hat und ob die niedrigen Preise langfristig alles entschuldigen. Sollte man also Mitarbeiter des Marketing auf die Kundenzufriedenheit ansetzen und hat wirklich das Marketing versagt, wenn die Lücke zwischen Erwartung und Erfahrung größer wird?
Also ich wäre sofort interessiert, wenn jemand damit würbe, Marktführer im Kundenservice zu sein.
Autorin:
Anika Littmann
GS Hannover
Dienstleistung, Kundenservice, Kundenzufriedenheit, Service
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