Was in einer Werbeagentur so grob passiert, das wissen wir scheinbar alle: Ein Kunde heuert an. Stellt ein Ziel. Brainstorming. Analyse. Konzeption. Bewertung. Durchführung – oder neue Ausarbeitung. Success.
Vor einiger Zeit bot sich für die Teilnehmer des Agenturenabends, einer Veranstaltung für MTPler, allerdings ein näherer Einblick in das Agenturenleben. “Business meets You” – unter diesem Motto wurde am 18. Mai das Business Speed Dating in Denn’s Biomarkt in Nürnberg veranstaltet.
Dabei waren keine Stände aufgebaut, an denen Vertreter verschiedener Agenturen und Firmen stehen und versuchen mit Kugelschreibern und Flyern Menschen zu sich zu locken.
Stattdessen wurde der Abend von vier Vorträgen eingeleitet, die sich rund um die Themen Marke und Agenturen drehten. Im Anschluss hatten die etwa 30 Teilnehmer die Chance, sich mit den Rednern noch einmal zusammenzusetzen und persönliche Fragen zu bisherigen Kampagnen, zum Arbeitsalltag in einer Agentur oder zum Werdegang zu stellen.
Aber wie gehen Agenturen eigentlich vor? Und wie unterscheiden sich deren Hernagehensweise an Kampagnen voneinander?
Zunächst war unser hauseigener Prof. Dr. Karsten Kilian an der Reihe, der an der WiSo Nürnberg auch die Vorlesung Marketing Management hält. Mit einer Präsentation über Marke an sich, den Werdegang von Marken verschiedener Firmen und wie sie diese Marke für sich arbeiten lassen, konnte er den Abend perfekt einleiten.
Am Beispiel RedBull erklärte Kilian, wie man mit einer erfolgreichen Strategie auf sich aufmerksam macht: Anstatt zu versuchen, RedBull in Getränkemärkten auf die Regale zu bringen, wurde es in Bars und Clubs Teil der Getränkekarte (Vodka-Bull – wer kennt es nicht?). Wer diese beliebten Drinks nachmachen wollte, wurde anfangs im Supermarkt nicht fündig – bis die Besitzer die große Nachfrage erkannten und es auch in den Getränkemärkten platzierten. Mittlerweile ist es natürlich nicht mehr wegzudenken und darf bei keiner Party fehlen. Wer diesen interessanten Vortrag nicht verfolgen konnte, kann dennoch von Prof. Dr. Kilians Wissen profitieren, denn: Er pflegt seit einigen Jahren das „Markenlexikon“ auf seiner Webseite. Darin findet man sämtliche Fachbegriffe zum Thema Marketing, von „AIDA“ bis „Zweckmarke“.
Danach ging es erst richtig los mit dem Agenturenabend, denn die erste Agentur stellte sich vor: Jörg Meister, geschäftsführender Gesellschafter der Kommunikationsagentur SWZ, präsentierte einige Kampagnen, an denen SWZ zuletzt gearbeitet hat. Dabei scheute er sich nicht, auch solche Kampagnen vorzustellen, die leider nicht geglückt sind und was daraus zu lernen ist. Für die VGN sollte eine Kampagne zum 30-jährigen Jubiläum entworfen werden. Meister beschrieb, dass die Agenturen sich oft selbst nicht ganz im Klaren sind, was die Ziele der Kampagne sein sollen und dafür die Hilfe der Agenturen gebraucht wird. Bei der VGN (Verkehrsverbund Großraum Nürnberg) hat SWZ beispielsweise dazu eine Befragung im Raum Nürnberg durchgeführt . Nachdem viele die Frage nicht beantworten konnten, war ein großes Ziel entdeckt: Die Bekanntheit steigern und darauf aufbauen. „Leider wurde die Kampagne nicht angenommen, für uns war sie trotzdem lehrreich“, so Meister.
Als die Frage aufkam, wie er selbst zu SWZ gekommen sei, antwortete Jörg Meister lächelnd: „Ich hab das Ding gekauft!“. Da das nicht der übliche Weg ist, war Jasmin Filip, die erst seit ein paar Wochen in der Agentur arbeitet, etwas informativer. Sie konnte noch genau den Bewerbungsprozess und die Ausbildung bis hin zu ihrem jetzigen Job beschreiben, die man braucht, wenn man gerade nicht das nötige Kleingeld hat um seine eigene Agentur zu kaufen.
Als nächstes übernahm Holger Neckenbürger von Namics. Auch er stellte die aktuellen Kampagnen vor, allerdings war hier deutlich, wie unterschiedlich die Arbeitsansätze zu SWZ sind: Da es sich bei Namics um eine digitale Full-Service-Agentur handelt, die vor allem digitale Transformation anstrebt, wird hier ganz anders gearbeitet. Hier wurde beispielsweise im Falle von Pathé, einer französischen Kinokette, keine Werbekampagne entworfen, sondern die Webseite neu gestaltet und der mobile Service erweitert. Damit ist es jetzt beispielsweise möglich, besser mit Freunden die Kinozeiten durch eine Sharing-Option der bestimmten Vorstellung zu koordinieren.
Erneut ganz anders verlief die letzte Präsentation des Abends, da André Lutz von defacto BE/ONE eigentlich nicht über die Arbeit in der Agentur sprach. Vielmehr ging es um die Anforderungen der Branche und was der persönliche Mehrwert ist: Networking. Dennoch stellte er auch ein paar Werbekonzepte des letzten Jahres vor und beschrieb die Rolle der Agentur als „Torwart“ in der Wertschöpfungskette, da letztlich die Verantwortung für den Erfolg bei der Agentur liegt. Einen Zukunftsausblick lies Lutz auch noch da: TV-Apps würden ein ungenutztes Werbepotenzial bieten, da immer mehr Endkonsumenten keine Fernseher besitzen und stattdessen über den Laptop oder das Handy ausgewählte Sendungen schauen.
Was haben wir also über Agenturen gelernt? Die Antwort: Ziemlich viel. Aber noch lange nicht alles. Es ist ein anspruchsvoller, aber auch lohnender Arbeitsplatz. Strategisches Denkvermögen, Kreativität, Ruhe, Offenheit und viel Flexibilität werden gefordert – aber die Ergebnisse können sich sehen lassen.
Autorin:
Julia Leuschner