Definition des Begriffes Nudge nach Thaler und Sunstein
Mit dem Begriff Nudge, wird ein Vorgehen definiert, welches das menschliche Verhalten in eine vorgesehene Richtung lenkt, ohne Bedienung an Geboten oder Verboten. Um dem Begriff zu entsprechen, muss die Lenkung zusätzlich auf einfache Weise, zu geringen Kosten, vermeidbar sein. Die Entscheidung gehöre schließlich den Individuen. Die Definition im Sinne von Thaler und Sunstein soll in diesem Artikel aber nicht nur bedenkenlos aufgenommen werden, sondern mit Beispielen ergänzt und reflektiert werden.
Das Experiment mit einer Fliege
Thaler und Sunstein erwähnen in ihrem Buch „Nudge: Improving Decisions about Health, Wealth, and Happiness“ ein einfaches aber zugleich erfolgreiches Beispiel für Nudges, das Experiment mit einer Fliege im Pissoir. Dabei wurde von dem Ökonom Kieboom, in Amsterdam am Flughafen Schipol, das Bild einer Fliege an der Innenseite einer Toilette angebracht. Dies führte dazu, dass mit dem Zielen auf diesen Aufkleber 80% weniger Urin neben dem dafür vorgesehenen Platz, wie den Boden, fielen. Solche Aufkleber erwiesen sich als langfristig effizient und werden weiterhin an vielen Orten verwendet.
Nudges finden ebenso im Marketing, wirtschaftlichen oder politischen Bestrebungen ihre vielfache Anwendung.
Im Massachusetts Allgemeinkrankenhaus wurde eine Studie durchgeführt, bei der die Beschäftigten zu einem gesünderen Umgang bewegt werden sollten. In der Kantine wurden in einer ersten Phase drei Farbsymbole für die Kennzeichnung von Lebensmitteln eingeführt. Gesunde Speisen und Getränke erhielten ein grünes Symbol, ungesunde rote und Optionen dazwischen gelbe Kennzeichnung. Zusätzlich wurde in der zweiten Phase die Positionierung von den Speisen verändert und beispielsweise gesündere Möglichkeiten auf Augenhöhe positioniert. In Folge dieser Veränderungen haben sich die Verkäufe innerhalb von sechs Monaten signifikant verändert. Die größten Veränderungen ließen sich an Getränken erkennen – die Verkäufe von grün markierten Produkten stiegen um 9,6 % in der ersten Phase und darauffolgend um 4,0 % in der zweiten Phase. Der Konsum von ungesunden Getränken sank während der ersten Phase um 16,5 % und um 11,4% in Phase zwei (Thorndike et al. 2012).
Menschen seien keine Econs
Unsere Entscheidungen sind von verschiedenen Faktoren, wie Faustregeln, Falscheinschätzungen oder dem Beharren auf gegenwärtigen Situationen, geprägt. Thaler und Sunstein stellen dar, dass Wahlen der Menschen in vielfältigen Situationen anders ausfallen würden, wenn höhere Aufmerksamkeit, Informiertheit und Selbstbeherrschung vorhanden wären – die Menschen seien keine „Econs“ sondern „Humans“ (Thaler/ Sunstein 2008: 6-8). Aufgrunddessen seien Nudges hilfreiche Maßnahmen. Dennoch sollten diese aus ethischer Sicht kritisch betrachtet werden. Ein häufiger Kritikpunkt ist der Eingriff in die persönliche Freiheit an Entscheidungen oder die bewusste Beeinflussung im Sinne der AuftraggeberInnen. Gerd Gigerenzer, ein deutscher Psychologe, riet:
Wer möchte, dass Bürger mehr für sie selbst richtige Entscheidungen treffen, sollte sie zuerst einmal besser informieren.
Leipziger Volkszeitung (22.09.2018)
Die ethische Bewertung müsste am besten Falleinzeln vorgenommen werden, jedenfalls kann hinter Nudges eine große Einflusskraft stehen.
Autorin:
Kamila Duraj
GS Frankfurt
Quellen:
Leipziger Volkszeitung (22.09.2018): Nudging: Wie Psychotricks unser Verhalten beeinflussen. Online: www.lvz.de/Nachrichten/Panorama/Nudging-Wie-Psychotricks-unser-Verhalten-beeinflussen.
Thaler, Richard H./ Sunstein, Cass R. (2008): Nudge: Improving Decisions About Health, Wealth and Happiness. New Haven and London: Yale University Press.
Thorndike Anne N./ Sonnenberg Lillian/ Riis Jason/ Barraclough Susan/ Levy Douglas E. (2012): A 2-phase labeling and choice architectureintervention to improve healthy food and beverage choices. Am J Public Health 102(3), S. 527-33. Online: www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3329221/.