Im deutschen Gesundheitswesen arbeiten momentan je nach Einbeziehung verschiedener Jobs zwischen 5,6 und 7,6 Millionen Menschen. Damit ist jeder sechste bis achte Erwerbstätige in Deutschland in der Gesundheitswirtschaft tätig; die Beschäftigungszahlen steigen jährlich. Dass sich in einer solch wichtigen Branche verschiedenster Marketing-Instrumenten bedient wird, um u. a. Patientenzahlen zu erhöhen, scheint selbstverständlich. Doch dürfen Ärzte wirklich werben?
Die im Artikel 12 des Grundgesetztes festgelegte „Berufsfreiheit“ zieht heute die werbliche Außendarstellung zwingend nach sich. Allerdings sind die Möglichkeiten für Ärzte trotzdem stark reguliert.
Werbung für das Patientenwohl sogar erwünscht
Grundsätzlich sollen Ärzte über ihr Leistungsspektrum sachlich informieren. Dies macht auch Sinn, da besser informierte Patienten leichter richtige Entscheidungen treffen. Dies betrifft die Wahl des Arztes, aber auch die Wahl der Behandlung. Voraussetzung dieses Nutzengewinns für den Patienten ist allerdings, dass der Arzt nicht „berufswidrig“ wirbt. Das bedeutet, dass weder anpreisend, irreführend oder vergleichend geworben werden darf. So darf die Person des Arztes nicht bewusst vor die Leistungen gestellt, unklare Bezeichnungen verwendet oder sich mit der Konkurrenz verglichen werden. Ein großer Unterschied besteht allerdings zwischen Werbung innerhalb und außerhalb von Praxisräumen. Während in Praxen das Auslegen von Informationen, das Verteilen von beispielsweise Kugelschreibern oder Preisnennungen erlaubt sind, ist dies außerhalb nicht gestattet.
Welche Marketingstrategien benutzen Ärzte?
Um Patienten zu identifizieren, zu gewinnen und an die Arztpraxis zu binden, bedient sich der Arzt verschiedenster Methoden. Unter sich stetig ändernden politischen, wirtschaftlichen und bürokratischen Rahmenbedingungen gilt die konsequente Ausrichtung am Patienten als Chance, sich sinnvoll zu positionieren. Auch im Gesundheitswesen wird hier zwischen der Differenzierungsstrategie und der Konzentrationsstrategie unterschieden. Bei ersterer stellt sich die Praxis als einzigartig auf dem Markt dar. Dies kann durch das Hervorheben besonderer Attribute erfolgen und dient oftmals u. a. der Patientenbindung. Allerdings sind diese Differenzierungsmerkmale nicht selten leicht kopierbar. Bei der Konzentrationsstrategie probiert man Patienten durch die Fokussierung auf eine sehr spezielle Zielgruppe zu erreichen, welche allerdings auch ein angemessenes Potenzial besitzen sollte.
Die 4 P des Marketings im Gesundheitswesen
Das Konzept der 4 P des Marketings lässt sich auch bei Arztpraxen beobachten. Die Behandlung des Patienten wird hier unter Product gefasst, da eine ständige Verbesserung und Differenzierung des Leistungsangebots grundsätzlich zu Zustimmung und Zufriedenheit bei Patienten führt. Zu Place gehört die „Informationsübergabe“ an den Patienten. Dies kann z. B. über Flyer in einer Arztpraxis geschehen. Promotion ist ein Teil der Kommunikationspolitik, wodurch die angebotenen Leistungen möglichst optimal unter Berücksichtigung der Kosten den möglichen Patienten vermittelt werden sollten, um dessen „Kaufentscheidung“ zu beeinflussen. Auch der Price dient als Wettbewerbsinstrument. Trotz hoher regulatorischer Bestimmungen ermöglichen bestimmte Versicherungsarten höhere Verrechnungssätze.
Es lässt sich also feststellen, dass auch Arztpraxen – im Rahmen der für sie geltenden, strengen Regeln – sich marktüblicher Methoden bedienen, um ihr Leistungsspektrum patientenorientiert zu bewerben.
Autor:
Berthold Kerber
GS Nürnberg
Quellen:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/149251/Aerztliche-Werbung-im-Wandel-Was-darf-ein-Arzt-wirklich