Bisher haben sich mehr als 1.500.000 Menschen (Stand: 08.04.2020) mit dem Virus COVID-19 infiziert. Regierungen aus aller Welt stellen sich nun der Pandemie. So berief beispielsweise Deutschland einen 48 Stunden langen Hackathon zum Thema #WirVersusVirus, in dem annähernd 23.000 kreative Menschen 1.500 Projekte basierend auf sogenannten „Challenges“ herausgearbeitet haben. Wie geht es nun weiter? Die vorläufigen Ergebnisse des Hackathons werden auf YouTube veröffentlicht und anschließend von einer bunt gemischten Jury bewertet. Ziel ist es jetzt, die Projekte möglichst unkompliziert zu verwirklichen, um das Virus effektiver bekämpfen zu können. Inspiriert durch den „Hackathon der Deutschen Regierung“ planen auch andere Länder wie beispielsweise Indien, Schweiz, Belgien, Kanada, Argentinien, Kolumbien oder Brasilien ähnliche Veranstaltungen, um eigene länderspezifische Lösungen gegen Corona zu entwickeln.
Das vietnamesische Gesundheitsministerium hingegen verpasste seinem ganzen Land, und indirekt der ganzen Welt, einen Ohrwurm
Public Service Announcements (auch bekannt als PSA) dienen der strategischen Kommunikation von Regierungen und Organisationen aller Art. Diese können von einer oder mehreren gleichgesinnten Gruppierungen gesponsert sein. In diesem Fall startete Vietnams Gesundheitsamt eine Bildungskampagne mit dem Ziel, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, aufzuklären und die Dringlichkeit der Lage anzusprechen. In der heutigen, multimedialen Welt ist es wichtig, die Mediennutzer effektiv zu erreichen. Denn obwohl die Zeit, die Menschen online verbringen, konstant steigt, werden Inhalte stark nach den persönlichen Interessen gefiltert. Um diese Schwierigkeit zu umgehen, gibt es PSAs in unterschiedlichen medialen Formen, wie beispielsweise eingebettet in Fernsehsendungen, als Infomercials oder Online Content wie Posts und Videos auf Social-Media-Plattformen.
Besonders in sozialistischen Ländern verkörpern diese Nachrichten oft den nationalen Geist des Landes und werden von der Regierung gezielt eingesetzt. Das vietnamesische Gesundheitsministerium setzte auf die Mithilfe und den Einfluss von berühmten Persönlichkeiten zur Verbreitung ihrer Nachricht. Basierend auf dem 2017 veröffentlichen Lied „Ghen“ (Eifersucht), dichtete Producer Khac Hung den Text zu „Ghen Co Vy“ – oder übersetzt zu „Eifersüchtiger Corona Virus“ – um. Mit dem Text rufen die Sänger Min und Erik dazu auf das Virus zu bekämpfen. „Wascht die Hände – berührt nicht eure Augen, Nase und Mund – vermeidet überfüllte Orte – bleibt gesund – denkt an eure Mitmenschen!“ sind die Kernaussagen des Refrains. Mit der fröhlichen Melodie, dem Video im Comic-Stil und der positiven Message ist der Song bereits ein Hit, aber das ist noch nicht das Ende. Damit das Lied weltweit verbreitet wurde, war noch eine weitere Komponente nötig: TikTok.
Was ist TikTok?
Das Videoportal TikTok wurde im Jahr 2016 in China unter dem Namen „Douyin“ veröffentlicht und ist inzwischen in insgesamt 154 Ländern und 75 Sprachen verfügbar. Obwohl die Hauptzielgruppe von TikTok die Generation Z ist, wird in China der Großteil der Videos von Rentnern erstellt! Die App wird weltweit von mehr als eine Billion Menschen genutzt, davon sind monatlich über 800 Millionen aktiv. TikTok zeichnet sich durch kreative Videoclips mit einer Dauer von 15 Sekunden aus. Follower stellen diese kreativ nach. Besonders beliebt sind die Nutzung von diversen Filtern im Video und #-Challenges. Wenn #-Challenges als Kampagne von Firmen gesponsert werden, müssen Unternehmen mit Kosten von über 100.000 US-Dollar pro Woche Laufzeit rechnen.
Mit dem Auftrag der vietnamesischen Regierung entwickelte der Tänzer Quang Dang die #ghencovychallenge. Diese TikTok-Challenge besteht aus einer Choreografie in der alle sechs Bewegungen beim Händewaschen, die von der World Health Organisation (WHO) empfohlen werden, vorkommen. Regelmäßiges Händewaschen ist eine einfache Methode das Risiko einer Infektion zu vermeiden. Die Regeln sind einfach: Nutzer sollen den Tanz mit allen Moves nachtanzen und teilen. In kürzester Zeit wurde das Video zum Trend und Tausende folgten dem Aufruf es nachzumachen.
Nachdem die Challenge in Asien viral ging, wurde sie unter anderem auch von UNICEF, dem Last Week Tonight-Host John Oliver sowie von diversen internationalen Nachrichtensendern aufgenommen und geteilt.
Asiens Social-Media-Kultur
Wer kennt sie nicht, die Exportschlager der asiatischen Pop Kultur? K-Pop, C-Pop, J-Pop, K-Drama, Manga, Anime und sogar Food Trends. Personen im asiatischen öffentlichen Interesse sind unter genauester Beobachtung ihrer Fans. Sogenannte „Idols“ müssen in ihrer Vorbildfunktion perfekt sein. Außerdem muss, wer in Asien Erfolg haben will, sich auch mit den lokalen Messengern und Social-Media-Plattformen auskennen. Vor allem China schränkt den Zugriff auf westliche Produkte ein, beispielsweise ist die Nutzung der Dienste von Firmen wie Google oder Facebook verboten. Diese werden aber durch Eigenprodukte wie Sina Weibo, QQ, WeChat und TikTok ersetzt.
Nun stellt sich die Frage, wie es zu dem Erfolg der „Ghen Co Vy“-Challenge kam. Eine mögliche Erklärung ist, dass das Zusammenspiel einer treuen Fanbase, die Nutzung einer asiatischen Social-Media-Plattform sowie der richtige Zeitpunkt dazu führten, dass das Video explodierte. Zudem gab es im asiatischen Raum im Vergleich zu Europa bereits früher die Empfehlung zu Hause zu bleiben, was zu intensiverer Mediennutzung führte.
Und jetzt mal ehrlich: Wer mag denn nicht einen guten Ohrwurm mit dazu passendem Tanz?
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