Die COVID-19-Pandemie hat die Welt derzeit fest im Griff. Reisen sind abgesagt, Feste und Partys fallen aus, Restaurants, Bars und Geschäfte sind geschlossen. Wie aber ist diese Krise am besten zu bewältigen, welche Strategien, Ideen und Möglichkeiten sind jetzt erforderlich? Diese Frage stellt sich nicht nur Virologen, Politikern und Krisenmanagern, sondern bewegt zur Zeit Millionen von Menschen in Deutschland. Aus dieser Motivation heraus, selbst in der Krise mehr tun zu wollen, als nur den von offizieller Seite verfügten Maßnahmen zu folgen, schlossen sich 14 Münchener Studenten der Idee der Elektrotechnik-Masterandin Katrin Khadra an, lokale Läden und Betriebe in der aktuellen Situation aktiv zu unterstützen und gründeten die Plattform „helfen-münchen.de“.
Das Grundkonzept
„Helfen-München ist eine Gutscheinplattform, die lokalen Unternehmen in München helfen soll, in der Krise liquide zu bleiben“, so beschreibt ein Gründungsmitglied des Projekts die Mission in eigenen Worten. Analog zu vielfältigen ähnlichen Initiativen und Projekten in anderen Städten besteht die Idee hierbei also darin, die örtliche Kulturlandschaft zu erhalten, indem durch den weitgehenden Shutdown in finanzielle Schwierigkeiten geratenen lokalen Betrieben geholfen wird, die entstandenen Liquiditätsprobleme zu überwinden, um die Krise so erfolgreich bestehen zu können. Dafür haben Kunden, die normalerweise ein Geschäft, Café oder Restaurant besuchen würden, die Möglichkeit, über eine Onlineplattform Gutscheine dieser Betriebe zu erwerben und damit über die Bereitstellung eines solchen zinslosen Überbrückungskredits jetzt die akut benötigte Liquidität bereitzustellen, die diese Firmen aufgrund ihrer Zwangsschließung nun benötigen, um einen Zahlungsausfall zu verhindern.
Unternehmen können dabei sowohl auf einer bereits bestehenden eigenen Gutscheinplattform aufbauen und die Website von Helfen-München lediglich zur Vermittlung und Erhöhung der eigenen Reichweite nutzen, als auch eine solche Plattform über die Initiative komplett neu implementieren. In letzterem Fall erfolgt die Zahlungsabwicklung über das Partnerunternehmen Atento, Helfen-München selbst tritt als Vermittler zwischen den Unternehmen und den Erwerbern der Gutscheine auf. Beide Partner arbeiten dabei ohne eigene Gewinnbestrebung, zur Kostendeckung fällt allerdings eine 3-prozentige Transaktionsgebühr an.
Entstehungsprozess und Marketing: Hoffnung als Motiv
Doch wie kam es überhaupt zu dem Projekt? Nach der rapiden und drastischen Verschärfung der gesundheitlichen Lage in Deutschland Mitte März und der daraus resultierenden massiven Einschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens nahm ein Projektteam aus acht Männern und sechs Frauen, dem auch unser langjähriges MTP-Mitglied Jonas Ils angehört, am 16. März die Arbeit auf. Vorwiegend über das Entrepreneurship Programm „Manage & More“ sowie den Hackathon „WirVsVirus“ in Kontakt gekommen, standen die Studenten von Anfang an vor der Herausforderung mit wenig Zeit auf eine bisher ungekannte Situation reagieren zu müssen, ohne sich als Team je persönlich getroffen zu haben oder von einem gemeinsamen Ort aus arbeiten zu können. Nach der Motivation gefragt, sich ehrenamtlich einer solchen Aufgabe zu stellen, liegt für ein Gründungsmitglied der persönliche Antrieb vor allem in der Möglichkeit „Unternehmen unterstützen und ihnen in der Krise Hoffnung geben“ zu können. Zentral sei es „das lokale kulturelle Leben in München zu erhalten, wie es ist“.
Organisiert über Videokonferenzen und Telefonschalten, musste zunächst per Internetrecherche und persönliche Verbindungen zu Betrieben vor Ort geklärt werden, inwiefern das vermutete Problem für die Betriebe überhaupt relevant war. Wie in der Krise kaum anders zu vermuten, war die Reaktion von Unternehmens- und Kundenseite überwältigend. Die zunächst provisorisch und noch unter anderem Namen aufgesetzte Website erreichte binnen 10 Tagen ganze 4.300 Mails, sodass bereits am 27. März die reguläre Website online gehen konnte, um so zeitnah die Krise anzugehen. Entsprechend der bereits durch die Menge der anfänglichen Anfragen entstandenen Prognose, warben bis zum 06.04. schon 70 Geschäfte ganz verschiedener Branchen über helfen-muenchen.de um Gutscheinkunden und generierten einen Umsatz von 11.130€. Um sich gegen eine mögliche finanzielle Haftung abzusichern, schlossen sich die Studenten mit ihrer Plattform der gemeinnützigen hey.one GmbH an, die zwar rechtlich als Muttergesellschaft fungiert, jedoch keinen Einfluss auf die Prozessentscheidungen des Projekts selbst nimmt.
Aufgrund der Dynamik der Krisensituation und ihrer alle Bereiche universell erfassenden Tragweite, steht für die Gründer nun die weitere Expansion des Projekts und die Einbindung von zusätzlichen Unternehmen im Vordergrund. Gerade für kleine Betriebe, die sich im Bereich Marketing bisher stark auf Mund-zu-Mund-Propaganda verließen und als natürlicher Bestandteil des Alltags ihrer Kunden – durch den Kaffee auf dem Weg zur Uni oder das schnelle Mittagessen in der Arbeitspause – ihre Einnahmen sicherstellen konnten, stellen sich durch die radikale Unterbrechung dieser Strukturen jetzt völlig neue Herausforderungen. Bedingt durch die primäre Zielgruppe setzt Helfen-München zur Bewerbung des eigenen Angebots dabei neben der Nutzung des persönlichen (überwiegend studentischen) Netzwerks vor allem auf Social-Media-Marketing via Facebook, Instagram und LinkedIn. Zusätzliche Bekanntheit konnte durch einen TV-Beitrag des Nachrichtensender BR24 Anfang April generiert werden. Um die Reichweite in Zukunft weiter zu steigern, sind zukünftig allerdings auch bezahlte Social Media Ads geplant, wie die gezielte Nutzung des Netzwerks von Influencern.
Dabei ist der Kern der Marketingstrategie nicht nur der Appell an die altruistische Bereitschaft der Bürger, lokalen Unternehmen uneigennützig zu helfen. Unter dem Marketing-Motto „Sich heute auf das Erlebnis/das Produkt/die Dienstleistung von morgen freuen“ soll Kunden selbst Hoffnung und Vorfreude auf die Rückkehr des sozialen Lebens in der Zeit nach Corona vermittelt werden.
„Es ist wichtig, schnell auf eine solche Krise zu reagieren.“ Dieses zentrale Fazit zieht das Projektteam aus ihren bisherigen Erfahrungen mit den Folgen der COVID-19-Pandemie. Ob die Initiative auch nach Ende des Coronavirus fortgeführt wird, ist derzeit auch für die Beteiligten noch unklar. Definitiv wolle man aber ein Non-Profit-Projekt bleiben. Unabhängig davon kann das Konzept jedoch zeigen, wie auch jedes einzelne Mitglied der Gesellschaft mit entschlossenem Handeln zur Bewältigung außergewöhnlicher Herausforderungen beitragen kann.
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Autor:
Adrian Berger
GS München