Das vorherrschende Überangebot am Markt macht es Unternehmen zunehmend schwer, die Aufmerksamkeit potentieller Kunden zu gewinnen und sie langfristig zu binden. So werden neue Produkte gelauncht, bestehende Produkte „optimiert“ oder neue Marketingkampagnen entwickelt. Oft wird dabei so engstirnig vorgegangen, dass völlig außer Acht gelassen wird, wie die neue Strategie bei der wichtigsten Zielgruppe – den Kunden – angenommen werden könnte. Das Ergebnis: Marketing Fails, die aufgrund der oftmals sehr negativen Reaktionen der Kunden die bestehende Marke stark schädigen können.
Die großen Marken machen vor, wie es nicht geht
Die Liste legendärer Marketing Fails ist lang. Auch die Motive für eine Änderung der bisherigen Marketingstrategie unterscheiden sich stark voneinander. Beispielsweise fand Coca-Cola aufgrund eines von Pepsi in den 80ern durchgeführten Blindtests heraus, dass die süßere Pepsi im direkten Vergleich geschmacklich besser abschnitt. Wie reagierte Coca-Cola? Sie änderten die Rezeptur und launchten kurz darauf die „New Coke“, die in Blindtests sowohl Pepsi als auch die alte Coca-Cola übertraf. Beschwerden der treuen Kunden ließen nicht lange auf sich warten, sodass nach kurzer Zeit wieder auf die alte Rezeptur zurückgegriffen wurde. Die emotionale Bindung, die die Menschen bezüglich der ursprünglichen Coca-Cola hatten, wurde scheinbar katastrophal unterschätzt.
Andere Unternehmen weiten ihr Produktsortiment aus. Die neuen Produkte sollten dabei jedoch unbedingt dem jeweiligen Image entsprechen. Colgate scheiterte kläglich bei dem Versuch, eine Tiefkühl-Lasagne im Markt zu implementieren. Vielleicht hätte der Zahnpasta-Hersteller weniger offensichtlich mit dem eigenen Markennamen auf der Verpackung werben sollen.
Mit dem Ziel, gesundheitsbewusste Verbraucher anzusprechen, missglückte auch die Einführung der „Pepsi Crystal“, eine koffeinfreie Pepsi, die aussieht wie Wasser. Der grüne Ketchup von Heinz konnte sich ebenfalls nicht am Markt durchsetzen.
Dass Werbespots oft aufgrund ausgefallener Elemente in unserem Gedächtnis hängen bleiben, steht außer Frage. Auch oder gerade weil uns der Sinn dahinter meist nicht ganz schlüssig ist und wir uns selbst zunächst nicht sicher sind, ob wir die Werbung als gelungen bezeichnen würden. Nivea allerdings hat im wahrsten Sinne des Wortes den Vogel abgeschossen. In ihrem Spot, der für Sonnencreme werben soll, „schießt“ eine Drohne in Gestalt von einer Möwe, Kinder, die sich nicht von ihren Eltern eincremen lassen wollen, mit Sonnenmilch ab. Da die Kampagne, die von einer Hamburger Agentur entwickelt wurde, scheinbar selbst Nivea zu ausgefallen erschien, wurde der Werbespot nicht promotet, aufgrund der negativen Kritik aber dennoch international bekannt.
Schon mal etwas vom „Goldenen Windbeutel“ gehört?
Foodwatch ruft jedes Jahr die Verbraucher dazu auf, für die größte Werbelüge des Jahres abzustimmen, um sich aktiv gegen Verbrauchertäuschung zur Wehr zu setzen. 2019 ging der „Preis“ an Zwergenwiese. Dabei handelt es sich um eine „Kinder-Tomatensauce“, die mehr als doppelt so viel Zucker enthält wie die für Erwachsene. Das Vertrauen der Eltern wurde bei diesem Produkt massiv missbraucht.
Unbedingt vermeiden!
Vor allem bei essentiellen Entscheidungen, wie der Gestaltung des Firmenlogos, des Produktdesigns, der Namensentwicklung oder bei der Erstellung eines Werbeslogans, ist Vorsicht geboten, damit die eigentliche Message nicht zu Missverständnissen führt. Häufige Marketing Fails sind die Verwendung zweideutiger Elemente sowie eine unglückliche Schreibweise oder Zusammensetzung der Wörter. Auch das Versäumnis, Produktnamen im Voraus in andere Sprachen zu übersetzen, wenn ins Ausland exportiert werden soll, ist fatal. Mitsubishi brachte beispielsweise einen Geländewagen namens „Pajero“ auf den Markt. Dumm nur, dass „Pajero“ in Spanisch „Wichser“ heißt.
Gängige Alltagsfehler im Online Marketing
Besonders auf Social Media sollten Unternehmen darauf achten, was sie posten und wie sie mit ihren Kunden kommunizieren. Die Verwendung von „Trend-Hashtags“ beispielsweise kann zu gravierenden Missverständnissen kommen, wenn sich die Verantwortlichen vorher nicht ausgiebig darüber informiert haben. So nutzte DiGiorno Pizza den Hashtag #WhyIStayed für eigene Marketingzwecke, ohne zu beachten, dass es dabei um das Thema häusliche Gewalt ging. Die Konsequenzen in Form von Shitstorms können extreme Ausmaße annehmen.
Es gibt genügend Fettnäpfchen in die Mitarbeiter der Marketingabteilungen treten können. Stimmen Bild und Beschreibung nicht überein oder wird das Produkt unpassend in Szene gesetzt, so wirkt die Werbung wenig glaubwürdig. Auch Formulierungen sollten mit Bedacht gewählt und grammatikalische Fehler unbedingt vermieden werden. Der Platz, um eine Werbebotschaft zu senden, ist begrenzt und da der persönliche Kontakt online kaum möglich ist, kann das geschriebene Wort schnell falsch verstanden werden. Die Nutzer sind nun mal sehr kritisch und jede Kultur hat ihre eigenen Werte. Oft werden Posts sexistisch, rassistisch oder provokant aufgefasst, obwohl die Absicht dahinter eine völlig andere war. Moralisch fragwürdige Aussagen sollten demnach unbedingt kritisch hinterfragt werden.
Auch beim Thema Influencer Marketing können vermeidbare Fehler begangen werden. So sollte der Influencer sorgsam ausgewählt und wichtige Dinge vorher abgesprochen werden, bevor es zu solchen Fails kommt:
Bifi in der Badewanne? Ernsthaft?
„Verzichte dabei aber bitte darauf zu erwähnen, dass du das Produkt geschenkt bekommen hast.“
Unsere Learnings
Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Erfolgreiches Marketing erfordert eine wohl überlegte Strategie. Schnellschüsse sind da fehl am Platz und verschiedene objektive Meinungen einzuholen, ist hilfreich. Besonders bei der Sortimentserweiterung sollte Marktforschung betrieben und das Produkt getestet werden, bevor immense Geldsummen bei der Markteinführung investiert werden. Die Unternehmensstrategie und das Image des Unternehmens sind bei der noch so kleinsten Marketingaktion zu beachten. Profit um jeden Preis darf nicht die Devise sein!
Wenn Fehler dennoch passieren, dann ist es umso wichtiger, wie darauf reagiert wird. Schuldzuweisungen oder gar Ignoranz verschlimmern die Lage nur noch mehr. Die Situation ist vergleichbar mit der zwischenmenschlichen Kommunikation: Es zeugt von wahrer Größe, zu Fehlern zu stehen, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen und, ganz wichtig, aus ihnen zu lernen!
Hier ein Zitat von Samuel West, der in seinem Museum gescheiterte Produkte ausstellt:
Zum Einen, dass Scheitern unlösbar mit Erfolg verbunden ist und zum Anderen, dass sie verstehen, wie wichtig es ist, aus Scheitern zu lernen.“
Samuel West, Museumsleiter
Die Gründe für das jeweilige Scheitern sind individuell. Was bei Unternehmen A klappt, muss noch lange kein Garant für Unternehmen B sein. Deshalb ist die Positionierung im Marketing so essentiell. Nur wer sich selbst genau definieren kann und weiß wofür er steht und wie die eigenen Kunden ticken, kann sicherstellen, dass die nächste Marketingaktion kein Flop wird.
Autorin:
Johanna Zettelmeier
Quellen:
https://onlinemarketing.de/news/legendaere-social-media-kampagnen-fails-und-die-learnings-daraus
https://www.mediabynature.de/blog/5-boese-content-fails-von-unternehmen/
https://www.stern.de/wirtschaft/news/nivea-werbung-mit-kackender-moewe-sorgt-fuer-spott-6939366.html
https://www.foodwatch.org/de/informieren/goldener-windbeutel/
Bildquellen: