„Bei Risiken und Nebenwirkungen
– Wer abends den Fernseher einschaltet, bekommt dies normalerweise in fast jeder Werbepause zu hören. Für Medikamente wird also viel und gerne geworben: Im Jahr 2017 wurden rund 1,37 Milliarden Euro für Arzneimittelwerbung ausgegeben.
Doch dürfen Pharmaunternehmen für jedes Medikament werben?
In Deutschland wird die Werbung für Medikamente über das Heilmittelwerbegesetz (HWG) geregelt. Verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen zum Beispiel nur für Leute vom Fach, also unter anderem Ärzte und Apotheker, beworben werden. Rezeptfrei erhältliche Medikamente dürfen in Deutschland dagegen öffentlich beworben werden – Voraussetzung ist lediglich der Satz: „Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“
Arzneimittelmarkt als hart umkämpfter Markt – Anwendung verschiedenster Marketingstrategien
Um sich in diesem stringent regulierten Markt allerdings gegen Wettbewerber zu behaupten, fahren Pharmaunternehmen verschiedenste Strategien. Zu aller erst ist es wichtig festzustellen, dass in der Arzneimittelbranche – neben den sonst im Marketing üblichen 4 P – weitere 3 P hinzukommen: Player, Process und Positioning. Während Player für Erfordernisse, Erwartungen, Bedürfnisse und Ansprüche der Verbraucher steht, bezieht sich Process vor allem auf die (Kommunikations-) Prozesse zwischen dem werbenden Unternehmen und den Zielgruppen. Positioning beinhaltet die Positionierung des Produkts am Markt.
Um trotz strenger gesetzlicher Methoden den Absatz zu steigern, bedienen sich die Pharmakonzerne einiger Tricks: Beispielsweise können Hinweise erfolgen, dass bestimmte Medikamente neben ihrer eigentlich beworbenen Wirkung noch zur Bekämpfung von anderen Symptomen eingesetzt werden können. Wichtig ist natürlich auch die öffentliche Wahrnehmung der Unternehmen. Um diese zu verbessern, wird beispielsweise mit der Industrie, aber auch mit Ärzten und Apothekern zusammengearbeitet.
Des Weiteren profitieren die Pharmaunternehmen auch durch die Digitalisierung. Um Absatzmärkte zu identifizieren, die für den Kunden wichtig sind sowie hohe Renditen und niedrige Kosten zu versprechen, werden sogenannte Real-World-Daten verwendet. Real-World-Daten werden mit Hilfe von IT-Spezialisten entlang der Wertschöpfungskette eingesetzt, um als Belohnung hohe Renditen zu erzielen. Die IT hilft, Daten aus internen und externen Quellen effektiv zusammen zu setzen, um Märkte umfassend analysieren zu können.
Auch Social Media spielt einen nicht unerheblichen Faktor bezogen auf die Steigerung des Bekanntheitsgrads: So ist die durchschnittliche Tweet-Anzahl für Pharmaunternehmen zwischen 2013 und 2016 um 530 Prozent gestiegen, die Follower-Anzahl hat sich in diesem Zeitraum um 300 Prozent erhöht.
Kritik an „Pharma-Marketing“ nicht zu unterschätzen
Der Arzneimittel-Industrie wird oftmals vorgeworfen, dass Marketingstrategien nur am Umsatz ausgerichtet sind. Dies betiteln viele als unethisch. Auch wird oft bemängelt, dass Medikamentenhersteller Einfluss auf die Fachpresse etc. nehmen würden.
Letztendlich lässt sich sagen, dass der Pharmamarkt trotz strenger, gesetzlicher Vorgaben weiterhin viele Möglichkeiten bietet, Marketingstrategien gezielt einzusetzen, um Patienten Produkte vorzustellen sowie die Absatzmöglichkeiten zu erweitern.
Autor:
Berthold Kerber
GS Nürnberg