Wolf im Schafspelz: Benevolentes Negatives | MTP e.V.

Definition: Benevolentes Negatives

Benevolentes Negatives kann in unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft und den Medien beobachtet werden. Benevolentes Negatives als hier neu eingeführten Begriff kann als die Annahme oder das Anstreben von Vorteilen einiger Privilegierter definiert werden, während dem Einzelnen Schaden zugefügt, diese Person ausgenutzt oder schlechter gestellt wird. Durch einen höheren Stand dieser Privilegierten kann mit Vorteilen gelockt werden. Jemand könnte beispielsweise so tun, als würde diese Person hilfreich sein, obwohl diese eigentlich schadet. Ein Wolf im Schafspelz versucht also andere für eigene Bedürfnisse zu fangen.

Benevolentes Negatives gegen unprivilegierte Personen

Ein Beispiel hierfür ist Tokenism. Beim Tokenism werden unter anderem people of color Vorteile dafür geboten, andere people of color schlecht darzustellen. Somit können sie Vorteile von Privilegierten erhalten. Um ein positives „Vorzeigeobjekt“ zu sein, sprechen auch Personen mit Migrationshintergrund schlecht über andere Migranten oder ihre eigene Kultur.1

Zudem kann es sein, dass jemand eine „schlechte Behandlung“ von sich durch andere aushält, um andere Vorteile zu erhalten. Eine Benachteiligung kann im Kontext von Hilfsbereitschaft versteckt werden – sogar wenn dies vielleicht gar nicht der Fall ist.

Benevolentes Negatives im Sexismus

Benevolentes Negatives kann auch beim Sexismus beobachtet werden. Von Sexismus wird im Kontext der Musik- und Filmindustrie berichtet.

Sexismus in der Musikindustrie

In der Musikindustrie ist Sexismus verbreitet.2 Wer auf gewisse Touren von erfolgreicheren Bands will, könnte sexuelle Dienste „ableisten“. Wer gewisse Musik-Aufnahmen produziert haben will, könnte sich vielleicht eher auf sexuelle Überschreitungen einlassen. Die einen forcieren den Sex vielleicht mehr als die anderen. Und manche lassen sich mehr oder weniger freiwillig darauf ein.

Sexismus in der Filmindustrie

Ähnlich verhält es sich in der Filmindustrie. Mitte Oktober 2017 entstand im Zusammenhang mit dem Weinstein-Skandal die #MeToo-Bewegung in den sozialen Netzwerken. Mehrere Frauen berichteten von sexuellen Übergriffen am Set oder um in ihrer Karriere weiter zu kommen. Auch hier galt es für die Karriere, sexuelle Übergriffe zu tolerieren. Ansonsten wäre mit Demütigung innerhalb der Branche gedroht worden. Sexismus, verbunden mit Vorteilen, ist demnach eine weitere Unterform des zuvor definierten benevolenten Negativen.

Zitate von Schauspielerinnen:

That security [of lesser sexism], it makes your job that much better. Cause you feel you can do what you are doing and focus on the job and the work, rather than not getting assulted“, Rowan Blanchard.

„They need to talk how this industry is not only sexist, but it is an inherently white supremacist industry“, Rowan Blanchard.

„I have a lot of friends who are young actresses, who have felt like they had to sexualize their bodies or sexualize themselves“, sagt Emma Kenney. „To get the part“, ergänzt Rowan Blanchard.

„For you to even just progress in the field you want to be successful in, and how it comes down to men sexualizing you, and using that to bribe you in a way“, Chloe Bailey.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Interview über Sexismus in der Filmindustrie
(Die Zitate auf der linken Seite beziehen sich auf dieses Video)

Benevolenter Sexismus

Benevolentes Negatives beim Sexismus kann auch subtiler und von geringerer Ausprägung sein, wie beim benevolenten Negativen im Falle des Tokenism.  Eine weitere Form davon ist benevolenter Sexismus.

Benevolenter Sexismus bedeutet, eine positive Einstellung gegenüber Frauen darzustellen, um deren Ungleichheit zu schlussfolgern. Ein Beispiel dafür ist, dass die Frau vom Mann umsorgt werden müsse. Eine Studie3 gibt Evidenz dafür, dass einige Frauen benevolenten Sexismus von Männern als attraktiv einstufen würden. Dies ist sogar dann der Fall, wenn der Mann sie erniedrigend behandelt.

Demnach gibt es gewisse Grade von benevolentem Negativen im Sexismus wie auch beim Rassismus. Wie stark wird jemand dazu gedrängt, sexuelle Gunsten zu geben? Wie sehr toleriert jemand die ungewollten Überschreitungen für Vorteile wie zum Beispiel materiellen Wert oder Erfolgsversprechen?

Benevolentes Negatives als Manipulationstechnik

Im Grunde kann benevolentes Negatives als Kommunikationstechnik genutzt werden, um weniger privilegierte Personen im Vergleich zu mehr privilegierten auszunutzen, zu unterdrücken und schlechter darzustellen als sie sind. Wenn mehr Sicherheit vorhanden wäre, könnte sich die jeweilige, weniger priviligierte Person mehr auf die Arbeit, das Studium, die Schule oder das jeweilige Projekt fokussieren.

Wichtig ist, sich gegen benevolentes Negatives auszusprechen. Das Negative des scheinbar Benevolenten kann (publik) aufgezeigt werden. Dies geschah bei der #MeToo oder #MeTwo-Bewegung. Das anscheinend Positive kann als das eigentliche Negative aufgedeckt werden. Hierbei kann es von Bedeutung sein, in gewissen Fällen nicht Vorteile umsonst zu erhalten, sondern den Wert auf der Basis von eigener Leistung und Fertigkeiten zu erhalten. Ein Wolf im Deckmantel des Schafspelz kann somit enttarnt werden.

Autor:

Kubilay Bora Övün

GS Saarbrücken

Textquellen:

1 Amjahid, M. (2017). Unter Weißen: Was es heißt, privilegiert zu sein. Hanser Berlin.
3 Gul, P., & Kupfer, T. R. (2019). Benevolent sexism and mate preferences: Why do women prefer benevolent men despite recognizing that they can be undermining?. Personality and Social Psychology Bulletin, 45(1), 146-161.
Benevolent, negativ, Negativität, Sexismus, Tokenism
Vorheriger Beitrag
Unternehmen in der Corona-Krise | MTP e.V.
Nächster Beitrag
Spitzenpolitiker und Social Media – Gekonnte Selbstvermarktung oder ein riesen Reinfall? | MTP e.V.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.