Unser Ernährungsverhalten wird stark durch unsere Emotionen gesteuert und diese durch äußere Einflüsse gezügelt. Dabei spielen die Medien keine untergeordnete Rolle. Heutzutage wird man von neuen Produkten auf dem Markt sowie diversen Ratschlägen über die richtige Ernährung buchstäblich überhäuft. Dies erfolgt in allen Lebensbereichen, sei es in der Familie, unter Freunden, im Beruf oder aber über öffentliche Medien, Plakate, Hörfunk, Fernsehen und über ansprechende Designs auf Verpackungen. Ziel ist, dadurch den Bekanntheitsgrad und das Image zu steigern. Schon beim Anschalten des Radios zur vollen Stunde, in der Erwartung aktuelle Informationen über die Verkehrslage auf den Straßen zu erhalten, bekommt man Tipps, mit welchem Müsli man am besten in den Tag startet, welcher Joghurt am schnellsten zur Sommerfigur beiträgt oder welches Mineralwasser besonders viel Calcium enthält.
Werbung verkörpert perfekte Traumwelten und Wunschgedanken.
Mit besonders ansprechenden Slogans soll eine möglichst breite Zielgruppe zum Kauf angeregt werden. Das Marketing entscheidet, wie ein Produkt ankommt. Dies nutzen viele Hersteller von Fertigprodukten und Genussmitteln. Bewusst werden in den Werbespots meist Situationen aus dem öffentlichen Leben oder dem Familienalltag genutzt. Somit entsteht der Eindruck, als sei das Produkt nicht wegzudenken und vermittelt für die Gesellschaft pures Glück, gute Laune und ein positives Lebensgefühl. So werden die Verbraucher angeregt, die Produkte auszuprobieren. Ein schneller Kauf wird durch hinzugefügte Gewinnspiele mit Codes zum Sammeln oder die Zusatzinformation einer „Limited Edition“ provoziert.
Widerspruch zwischen Realität und Wunschgedanken – eine Scheinwelt.
Bei einer differenzierten Betrachtung verschiedener Werbemaßnahmen wird sofort ein Paradoxon deutlich. Sportler, Models und andere äußerst schlanke Persönlichkeiten, die für viele die idealen Körpermaße repräsentieren, preisen keineswegs gesundheitsförderliche Lebensmittel an, die zu deren Körperformen beitragen würden. Als Verbraucher bekommt man ein scheinbares Alltagsnahrungsmittel vermittelt und der Hintergrund des Genussmittels bleibt dabei auf der Strecke. Die Produkte werden dadurch verschönt dargestellt, einzelne Zutaten hervorgehoben und so als gesünder und wohltuender für den Köper preisgegeben, als es der Wirklichkeit entspricht. Ein Schokoriegel beispielsweise wird mit „schmeckt himmlisch Joghurt leicht“ angepriesen oder eine Praline mit „vollkommen ohne Schokolade“.
Nicht ohne Konsequenzen für unsere Psyche und Gesundheit.
In einer Gesellschaft, in der das gewünschte Schönheitsbild mit einer idealen Traumfigur einhergeht, wollen Hersteller mit Produkten, die sich von der Masse der Dickmacher abzuheben versuchen, möglichst viel Zuspruch finden. Die wachsende Bedeutung dieser Ideale brachte große Auswirkungen bezüglich des Essverhaltens vieler vor allem junger Menschen. Mangelndes Selbstwertgefühl, geschuldet der falschen Körperwahrnehmung, bringen Kummer, Diäten, Essstörungen und Mangelernährungen mit sich.
Eine richtige Einschätzung der Qualität fällt vielen Verbrauchern schwer.
Als ernährungsphysiologisch problematisch zu betrachten ist, dass es sich bei den meisten der umworbenen Produkte, vor allem im Fernsehen, um sogenannte Health- und Light-Produkte, um Lebensmittel mit einem hohen Convenience-Grad sowie um Genussmittel wie Süßigkeiten und andere Snacks handelt.
Dabei werden die öffentlichen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nicht repräsentiert. Für die meisten Konsumenten ist eine Einschätzung der Qualität aufgrund von unzureichender Information häufig nicht möglich.
Wegen mangelnder Zeit wird häufig auf Fertigprodukte zurückgegriffen, die stark umworben werden.
Als problematisch in vielen industriell hergestellten Lebensmitteln sind hohe Salzkonzentrationen und zu viele der unvorteilhaft eingestuften gesättigten Fettsäuren.
Außerdem ist bei diesen Lebensmitteln der Energiegehalt sehr hoch, hingegen sind Vitamine, Ballaststoffe und Spurenelemente kaum enthalten. Ein durchschnittlicher Konsument, der mäßig Sport betreibt, kann diese hohe Energieaufnahme durch einen geringeren Energieverbrauch nicht kompensieren.
Allgemeine Ernährungsempfehlungen besagen, dass die Hälfte der Energiezufuhr in Form von Kohlenhydraten sichergestellt werden sollte, denn sie sind lebensnotwendig für Muskulatur und Gehirn.
Davon wiederum sollten nicht mehr als 20 % auf einfache Kohlenhydrate (Mono- und Disaccharide), zum Beispiel Traubenzucker und Rohrzucker, zurückzuführen sein, komplexere Kohlenhydrate (Polysaccharide) aus zum Beispiel Vollkornprodukten und Kartoffeln sollten den größeren Teil mit ca. 80 % ausmachen.
Tatsächlich ist die Zufuhr komplexer Kohlenhydrate in unserer Gesellschaft viel zu gering und die Energieaufnahme durch Zucker viel zu hoch.
Kohlenhydrate sind Strukturen von Ketten mit Zuckermolekülen unterschiedlicher Länge.
Je komplexer ein Kohlenhydrat, desto länger die Kette und desto länger braucht der Körper, um diese in die einzelnen Zuckermoleküle zu zerlegen, die schlussendlich ins Blut überführt werden.
So steigt der Blutzuckerspiegel deutlich langsamer als bei einfachen Kohlenhydraten, die für den Körper leicht verfügbar sind und wegen fehlender Mineralstoffe auch als leere Kalorien bezeichnet werden. Sie sorgen für ein nur geringes Sättigungsgefühl und eine damit verbundene höhere Nahrungsaufnahme, was Suchtpotential mit sich bringt.
Prävention ist besser als Heilung.
Eine solche Ernährung verläuft nicht ohne Folgen, viele Zivilisationskrankheiten können mit einer zuvor beschriebenen und doch so sehr umworbenen Ernährungsweise assoziiert werden. Dazu gehören Karies, Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Tumor- und Lebererkrankungen (Entgiftungsorgan). Weitere Faktoren wie Bewegung, Genetik und soziale Interaktion mit Verzicht auf Rauchen und Alkoholkonsum sind wichtig für eine gesunde Lebensweise zur Prävention dieser Krankheiten.
Wenn Kinder und Jugendliche angesprochen werden sollen.
Häufig zielen die Werbemaßnahmen direkt auf Kinder und Jugendliche ab, die sich besonders durch Werbemaßnahmen beeinflussen und verlocken lassen. Sie kaufen sich die neuen Produkte von ihrem Taschengeld oder stiften ihre Eltern zum Kauf an.
Um diese Zielgruppe zu erreichen, nutzen Hersteller bunte Bildchen auf Verpackungen als Marketingmaßnahme. In Werbespots werden Kinder mit animierten Geschichten explizit durch gleichaltrige Darsteller angesprochen. Als Folge decken viele Betroffene ihren Energiebedarf mit Süßigkeiten und Softdrinks, liegen damit weit über der empfohlenen Menge.
Gesetzliche Regelungen und Initiativen zum Schutz der Verbraucher.
Im Bereich Lebensmittel sind Werbemaßnahmen aller Art durch verschiedene europäische und nationale Regelungen vereinbart. Untersagt ist beispielsweise die Verbreitung von Unwahrheiten, Irreführung und Schleichwerbung. Kinder sollen dabei besonders geschützt sein und nicht direkt zum Kauf animiert, sowie deren mangelnde Erfahrung ausgenutzt werden. Auch dürfen Kindersendungen in Deutschland nicht durch Werbung in Radio und Fernsehen unterbrochen werden.
International führende Unternehmen haben sich 2007 zum sog. „ EU Pledge“ zusammengeschlossen und ausgehandelt, beschlossene freiwillige Regelungen für ein Marketing, welches an Kinder gerichtet ist, einzuhalten. So sollen Kinder unter 12 Jahren nur mit Produkten umworben werden, wenn damit bestimmte Nährwertkriterien eingehalten werden.
Hinterfragen ist besser als Hinnehmen.
Am Ende bleibt nur, sich kritisch mit der Fülle an Informationen, mit der man konfrontiert ist, auseinanderzusetzen und nicht jeder neuen Werbemaßnahme und jedem Trend zu folgen.
Für Kinder ganz speziell ist es wichtig, dass die Nahrungsauswahl nicht durch zu viele Süßungsmittel geprägt ist, da sich in dieser Zeit der Geschmackssinn und viele Vorlieben für das spätere Leben bilden. Damit werden alle Lebensphasen auch gesundheitlich beeinflusst.
Autorin:
Danielle Kies
GS Gießen