Die Wenigsten unter uns werden noch der Auffassung sein, dass Farben keinen Einfluss auf das Konsumentenverhalten haben. Dafür haben wir schon zu lange und zu viel Kontakt zum Marketing, aber auch den Tricks & Kniffs der Werbeindustrie. Nichtsdestotrotz ist es nicht immer einfach, ein stichhaltiges Beispiel parat zu haben. Deshalb möchte ich euch heute kurz und knackig auf eine Studie von Genschow, Reutner und Wänke (2012) aus der Psychologie beziehungsweise den Verhaltenswissenschaften verweisen. Selbsterklärend ist eigentlich schon ihr Titel: „The color red reduces snack food and soft drink intake“. Mit einem pfiffigen Experiment haben die drei Wissenschaftler*innen nämlich Befunde dafür sammeln können, dass die Wahrnehmung der Farbe rot bei unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Einnahme den Lebensmittelkonsum mindert.
Ab zur Sache! Was haben die drei Forscher*innen überhaupt angestellt?
Wie die meisten Studien aus den Wissenschaften in der heutigen Zeit sind die Opfer wieder einmal wir Student*innen gewesen. An einer Eingangshalle ihrer Universität stellten die Wissenschaftler*innen in ihrem ersten Experiment einen Stand unter dem Vorbehalt auf, neue Geschmacksrichtungen ihres Energy Drinks testen zu wollen. Drei verschiedene Geschmäcker wurden den Teilnehmern angeboten. Alle wurden in durchsichtigen Plastikbechern serviert und hatten die gleiche Farbe (leicht gelblich). Auseinanderhalten konnte man die Getränke dadurch, dass sie je mit einem farbigen Sticker versehen wurden, auf dem entweder A, B oder C in weiß geschrieben stand. Die eine Hälfte der Versuchsteilnehmer hat von Bechern mit roten Stickern getrunken, die andere Hälfte von Bechern mit blauen Stickern. Vor und nach der Verkostung sind sie (die Becher, nicht die Versuchsteilnehmer) vermessen worden, um festzustellen wie viel eingenommen wurde.
Und nun?
Nach unzähligen abgefüllten Studenten, naja, 41 um genau zu sein, und tatsächlich nur männlichen Teilnehmern (in einer Vorstudie wurde nachgewiesen, dass Frauen in solchen Situationen zu kleine Schlucke nehmen, um diese effektiv auswerten zu können), konnte man ein Urteil fällen: Obwohl die Getränke in den rot markierten Bechern immer dieselben gewesen sind wie die in den blau markierten Bechern, wurde einfach weniger aus Ersteren getrunken. Der kleine rote Punkt scheint tatsächlich eine große Wirkung gehabt zu haben.
Ist das nur bei Getränken so?
Um es vorweg zu nehmen, nein. Ähnliches Spiel bei den Brezen, diesmal auch für beide Geschlechter: Während eines Informationswochenendes für Studieninteressierte ist am Stand der Psychologen angegeben worden, eine Umfrage zu „verschiedenen Bereichen der Psychologie“ zu führen. Dabei wurde das Gebäck ohne Kommentar als Snack auf einem Teller zum Versuchsteilnehmer gestellt. Entweder es wurde auf einem roten Teller serviert, auf einem blauen Teller oder wiederum auf einem weißen Teller. Und siehe da, schon wieder scheint die rote Farbe den Leuten den Appetit zu nehmen. Von diesem Teller wurde signifikant weniger gefuttert als von den beiden anderen. Und der Konsum zwischen weißem und blauem Teller unterschiedet sich wiederum kaum (soll heißen: weder blau noch weiß sind besonders Appetit fördernde Farben).
Naja… und was soll das Ganze nun? Wir können festhalten, dass eine allzu rote Ausstattung keine besonders gute Idee ist, wenn man seine Snacks und Drinks auf dem Kick-Off (oder dem Markt bei Kunden) anbieten möchte!
Andererseits ist abschließend noch kritisch zu erwähnen (ich weiß, es macht den Zauber kaputt… ich mag es ja auch nicht, diesen Realismus), dass diese Studie weder den Einfluss der Farbe der Lebensmittel auf Ess- und Trinkverhalten untersucht noch Aussagen über aktiv wahrgenommenes rot in der Umwelt machen kann. Sie macht letzten Endes nur eine Aussage über den Einfluss auf das Ess- und Trinkverhalten von roten Reizen in der Umwelt, während diese (vor allem ihre Farbe) nicht wahrgenommen werden. Inwiefern dieses Experiment im Alltag replizierbar ist, bleibt deswegen offen, denn der Kontext macht oft sehr viel aus und diese Nachteile wett (man beachte den schieren Konsum von Produkten verschiedener Fast-Food-Ketten). Schlussendlich liefert sie trotzdem ein Beispiel für den subtilen Einfluss den Farben auf uns haben können. Hoffentlich habt ihr hiermit für lange Zeit ein Beispiel parat.
Autor:
Lukas Hitchschfeld Langehagen
Quellen:
Genschow, O., Reutner, L., & Wänke, M., 2012. „The color red reduces snack food and soft drink intake” – https://doi.org/10.1016/j.appet.2011.12.023