Wie viele Aspekte unseres Lebens ist auch das Marketing zunehmend globalisierter. Unternehmen expandieren immer schneller, immer weiter – sie wollen immer mehr Kunden gerecht werden und ihre Umsätze maximieren. Doch mit der Internationalisierung stellt sich auch die Frage, wie ein Unternehmen in anderen Ländern auftreten will, denn ab diesem Moment ist Marketing nicht mehr nur eine nationale Frage.
Dazu kommt die Frage nach dem Branding und der Corporate Identity? Soll diese weltweit einheitlich sein oder wird sie den jeweiligen Ländern kulturell angepasst? Kann man die Unternehmensidentität in jedem Land ohne Anpassungen nutzen?
Man würde davon ausgehen, dass große Unternehmen in jedem Land gleich auftreten und mit einheitlicher Marketingstrategie auftreten wollen. Doch ist das die Realität oder hat jedes Land nun doch andere Marketingsitten? Denn immerhin sind in anderen Ländern auch die Verantwortlichen im Marketing ganz andere, die zudem noch in einem gänzlichen oder zumindest teilweise anderen Umfeld leben. Betreiben nun alle Länder Marketing wie aus dem Bilderbuch oder ist ein unvermeidlicher Einfluss der anderen Kultur zu sehen?
Taste The Feeling
Coca-Cola ist ein Paradebeispiel für ein internationales Unternehmen, das ein einheitliches Branding und Marketing verfolgt: vom Design bis zu den Werbespots findet man in allen Ländern das gleiche Auftreten. Im Sommerurlaub in Brasilien wirkt das Unternehmen wie bei einem Trip nach Amsterdam – bis auf das Samba-Feeling vielleicht. Bei genauerem Hinschauen entdeckt man aber schnell, dass Marketing in anderen Ländern unterschiedlich gelebt wird.
Wenn man allein schon die Social-Media-Präsenzen des Unternehmens in verschiedenen europäischen Ländern untersucht, fällt auf, dass es zahlreiche Kontraste gibt: sei es der Aufbau und das Layout des Instagram-Accounts, die Sprache und die Texte der Beschreibungen, sogar die Bilder selbst unterscheiden sich teilweise stark.
Ein gutes Beispiel bietet der Call-to-Action (CTA): Während in Ländern wie Ungarn, Österreich oder Spanien auf Instagram ein CTA auf den anderen folgt, sucht man in Belgien oder den Niederlanden vergeblich nach einem CTA. Ähnlich verhält es sich mit den Instagram-Auftritten der Länder: Die meisten Länder zielen auf ein einheitliches und harmonisches Feed ab, das aus einer guten Mischung aus Influencer-Posts und eigenem Content besteht und höchstens ab und zu einen CTA enthält. Wie diese Einheitlichkeit jedoch umgesetzt wird, ist in Frankreich zum Beispiel bereits unterschiedlich: die französische Instagram-Seite hat ein Influencer-reiches Feed mit gedämpften Farben, einer Art „Vintage-Stil“, welcher von anderen Ländern abweicht. In Ländern wie Spanien, Ungarn oder Schweden ist das Feed deutlich chaotischer: Spanien setzt auf zahlreiche Videoinhalte und integriert in beinahe jedem Post einen CTA, Ungarn kombiniert Memes und Influencer-Posts mit eigenen Inhalten und sorgt für CTAs, soweit das Auge reicht – und Schweden scheint teilweise von jeglicher Einheitlichkeit gelöst zu sein. Von Festtagen über Fußballspiele entsteht ein bunter Mix aus Videos und ein relativ chaotischer Feed. Und trotzdem zählt Schweden mehr als 60.000 Follower – und damit mehr als manch anderes Land mit einem ästhetisch gestalteten, einheitlichen Feed.
Bilderbuch-Marketing adé?
Doch wie kann eine Instagram-Seite so erfolgreich sein, wenn im Feed reinstes Chaos herrscht und ein CTA den nächsten jagt? Immerhin würde man meinen, dass die Nutzer heutzutage vor allem auf Ästhetik hohen Wert legen. Dies zeigt sich, wie jedem bekannt ist, auch auf Social Media im Allgemeinen. Die Antwort lässt sich in den kulturellen Unterschieden finden. Je nach Mentalität und Kultur des Landes ist eine direktere, aggressivere Ansprache von Kunden gerne gesehen. Auch die Interessen und Anforderungen der Menschen scheinen zu divergieren. So folgen Deutschland und Frankreich eher dem „Bilderbuch-Marketing“ und halten sich an Aspekte wie ein ansprechendes Feed oder eine gesunde Anzahl and CTAs. In anderen Ländern ist dies nicht nötig oder womöglich unpassend, da die Zielgruppe einen anderen Geschmack hat.
Obwohl Coca-Cola in allen Ländern nach außen hin eine einheitliche Grundlinie vorgibt und die Grundwerte nach außen hin vertreten werden, gibt es einen kreativen Gestaltungsspielraum für die jeweiligen Marketingverantwortlichen – und diesen nutzen einige Länder besonders aus. In einem Aspekt scheinen sich die verschiedenen Länder jedoch einig zu sein: Fragen an die Follower gehören zu einem Feed dazu. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: „Wie startest du am liebsten ins Wochenende?“ „Freust du dich schon auf XY?“ „Mit wem möchtest du eine Coke teilen?“
Fazit
Die Grundlagen der Marketing-Theorie sind aller Wahrscheinlichkeit nach in allen Ländern gleich, doch das Denken der Menschen ist sehr unterschiedlich. Marketing ist nicht gleich Marketing: Man muss die Kultur des jeweiligen Landes gut kennen, um erfolgreiches Marketing betreiben zu können, denn eine Anwendung der gleichen Prinzipien in jedem Team ist nicht möglich. Marketing ist so divers wie unsere Bevölkerung und wird mit der wachsenden Globalisierung stetig diverser.
Dies stellt natürlich eine Herausforderung dar, bietet jedoch zahlreiche neue Möglichkeiten für eine Optimierung der Marketingstrategien. Zudem zeigt dieses Beispiel auch, dass es sich lohnen kann, einmal über den Tellerrand zu blicken und möglicherweise Inspirationen von anderen Teams und Ländern zu nutzen.
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