Storytelling ist das Erzählen von Geschichten. So werden Informationen und sogar Emotionen vermittelt. Storytelling kennen wir oft in der Literatur, in Filmen, in Fabeln, Mythen, Märchen und im Journalismus. Heutzutage verwenden viele Unternehmen im Branding, im Marketing, in Werbung, PR oder Unternehmenskommunikation Storytelling. Die Ursprünge von Storytelling liegen um die 200.000 Jahre zurück, also schon am Anfang der Menschheit haben unsere Vorfahren an den Lagerfeuern Geschichten erzählt. Geschichten erschließen uns die Welt und die Menschen, mit denen wir sie teilen. Sie lösen Emotionen aus und regen zum Nachdenken an. Kurz gesagt: Geschichten unterhalten uns, begeistern, fesseln und reißen die Mitmenschen mit, das ist zweifellos ein Grund für ihren nachhaltigen Erfolg. Sie können auch kalte, nackten Zahlen Leben einhauchen. Sie sind ein effektives Mittel zur Weitergabe von Informationen. Ob Fakten oder Erfahrungsberichte, historische Begebenheiten, Werte und Normen oder religiöse Überzeugungen – immer schon sind solche Inhalte vor allem durch Geschichten vermittelt worden. Eine Geschichte hilft uns das Menschseins besser zu verstehen. Sie erzählt von Veränderungen in drei Welten: der äußeren Welt der Handlungen, der emotionalen Welt der Beziehungen und der inneren Welt der Identität. Und von den wechselseitigen Abhängigkeiten der Welten voneinander. Damit unterstützen sie uns darin, zu verstehen, wer wir sind. Geschichten stiften Identität. Eine Geschichte ist auch ein Werte-Diskurs: Sie erzählt von Werten, die miteinander in Konflikt geraten. Damit stellt sie eine Möglichkeit dar, uns über unsere individuellen und sozialen Werte zu verständigen, und Antworten auf die Fragen zu finden, wie wir leben sollen und in welcher Gesellschaft wir leben wollen. Geschichten bilden somit auch Gemeinschaften.
Die einzelnen Bestandteile einer Geschichte können natürlich variieren aber überzeugende und wirksame Erzählungen greifen meistens auf folgende Elemente zurück:
Die nachvollziehbare Struktur wie sie die meisten kennen, bestehen aus Anfang, Hauptteil und Schluss ist von wesentlicher Bedeutung. Ein überzeugender Einstieg ist unerlässlich um die Aufmerksamkeit der Leser, Zuschauer oder Kunden zu erlangen. Ebenfalls ein einprägsamer Schluss ist nicht zu unterschätzen. Ein bekanntes Beispiel wäre der Satz „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann…“ Doch auch eine Zusammenfassung durch eine Kernbotschaft oder eine Moral, wie wir es aus Märchen kennen können am Ende gut eingesetzt werden. Außerdem sind Protagonisten oder Helden unglaublich wichtig. Sie ermöglichen Mitgefühl und die Identifikation des Publikums. Ein weiteres maßgebendes Element zur Erzählung von Geschichten ist ein leitender Konflikt, dieser soll die Wünsche und Ziele der Hauptfigur wiedergeben und die Story spannend und emotional halten. Die Verknüpfung aller Elemente führt dazu, dass das Publikum mitgerissen und in den Bann gezogen wird. Im besten Fall führt es dann zur Überzeugung und zum Kauf.
Da wir nun wissen, dass Geschichten sowie Mythen bereits seit Jahrtausenden ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Kommunikation sind und wie diese sich zusammensetzen, stellt sich die Frage, warum sich insbesondere jetzt Storytelling zu einer essenziellen Marketing-Disziplin für Unternehmen manifestiert. Die Gründe dafür kann man sich erschließen, wenn man die Unternehmenskommunikation der Vergangenheit betrachtet. Seit der Entstehung des Kapitalismus haben Unternehmen über Jahrhunderte hinweg One-to-many-Kommunikation und Push-Marketing betrieben. Das bedeutet: Sämtlicher Kommunikationsfluss zwischen Firmen und KundInnen/Öffentlichkeit ging stets in eine Richtung – von den Unternehmen zu den KundInnen (one-to-many). Und auch zwischen den KundInnen selbst hat in der Regel nur ein geringer Informationsfluss stattgefunden, da die Reichweite einzelner Personen stark begrenzt gewesen ist. Die Folge: Ist ein Kunde oder eine Kundin unzufrieden gewesen, hatte er in der Regel nicht viele Möglichkeiten gehabt, seine Unzufriedenheit bekannt zu machen. Dementsprechend einfach ist auch die Kommunikationsstrategie der Firmen in der Regel ausgefallen – banale Werbeslogans, die die eigenen Produkte in besonders positives Licht rücken und den KundInnen vor die Nase gedrückt wurden. Welche Werbung gezeigt wurde, haben letztlich nur einzelne MitarbeiterInnen von Zeitungsredaktionen oder Fernsehsendern je nach Zahlungsbereitschaft der Werbetreibenden entschieden (Push-Marketing).
Im 21. Jahrhundert sieht das allerdings deutlich anders aus: JEDER hat die Möglichkeit seine Meinung über soziale Medien zu veröffentlichen. Die Unternehmenskommunikation gestaltet sich dementsprechend nicht „one-to-many“ sondern „many-to-many“ – KundInnen tauschen sich untereinander intensiv über die Leistungen von Firmen aus und wenden sich auch regelmäßig an die Unternehmen selbst. Dadurch müssen Firmen nicht nur vorsichtiger sein, wie sie agieren, da ihnen eine soziale Verantwortung zugeschrieben wird, sondern müssen ihre Marketingstrategie ebenfalls ändern. KundInnen haben nun viel mehr Macht und in den allermeisten Fällen auch viele unterschiedliche Alternativprodukte, die sie kaufen können – wo sie kaufen, ist schlussendlich eine Glaubenssache: Welchem Unternehmen glauben sie, dass es den eigenen Qualitätsansprüchen gerecht wird und die persönlichen Werte vertritt? Damit im Kunden bzw. in der Kundin positive Glaubenssätze und Assoziationen gegenüber der Firma entstehen bedarf es vieler unterschiedlicher Maßnahmen zur Markenbildung – darunter unter anderem Pull-Marketing. Potenziellen KäuferInnen genügt es nicht mehr einfach nur plumpe Werbesprüche aufgedrückt zu bekommen, sondern sie wollen Content, der sie interessiert und mit dem sie sich identifizieren können – schließlich können sie heutzutage in gewissem Maße auf YouTube, Instagram, Facebook und Co. auch selbst entscheiden, was sie konsumieren und wem sie ihre Aufmerksamkeit schenken. Das Ziel des Pull-Marketings ist folglich folgendermaßen: Durch interessanten, wertvollen Content die Bindung und Assoziation der KundInnen gegenüber der eigenen Marke zu verbessern, damit dieser sich bei einem Kauf für die eigenen Produkte und Dienstleistungen entscheidet. Die Kunden bzw. Zielgruppen sind die repräsentativen Helden, die den Kern des Storytellings darstellen. Es soll ein Sog entstehen, der Kunden anzieht (pull). Und ein solcher Sog kann vor allem durch Storytelling entwickelt werden, mit dem der Kunde motiviert wird, mit dem sich der Kunde identifizieren kann und das dem Kunden eine Lösung bzw. Moral für seine eigenen Probleme an die Hand gibt – erfolgreiche Marken erzählen Geschichten, die den Kunden da abholen, wo er aktuell steht, und ihn auf der Reise zu seinen Zielen führen.
Beispiele
Fail:
Pünktlich zum Muttertag veröffentlichte Edeka einen neuen Werbespot mit dem Titel „Wir sagen Danke“. Doch schon kurz nach der Veröffentlichung hagelt es Beschwerden. Aber warum? Die Storyline lässt sich schnell zusammenfassen, denn der Spot zeigt lediglich Männer in verschiedenen Situationen wie sie beim Papa-Sein versagen. Zum Beispiel, dass der Vater die Tochter beim Haare kämmen zum Weinen bringt oder ein Vater es nicht schafft für das Kleinkind essen zu kochen. Ironischerweise läuft während all dieser Bilder, der gegenteilige Text. „Danke, du kümmerst dich um mich“ oder „Danke, dass du so ein Feingefühl hast“. Die Storyline endet abschließend mit den Worten „Danke Mama, dass du nicht Papa bist.“ Problem des Werbespots sind die unzähligen Klischees und Gender-Stereotypen, die eine Gleichstellung von Mann und Frau außer Acht lassen. Die Storyline hat es auf jeden Fall nicht geschafft Mitgefühl oder eine Identifikation des Publikums hervorzurufen.
Vorzeigebeispiel:
Eine Marke, die es hervorragend schafft, Geschichten zu erzählen und Emotionen zu beeinflussen ist Red Bull. Die Marke rund um den Energy Drink ist für unglaubliche Werbespots bekannt. Mit dem Slogan „Red Bull verleiht Flügel“ kann fast jeder Konsument etwas anfangen und genau das, ist der einprägsame Schluss der die Marke so bekannt macht. Die Botschaft des Überfliegers wird in verschieden verrückten und spektakulären Werbespots umgesetzt. So bekam das Energy Getränk durch den Fallschirmsprung aus der Stratosphäre, bei dem Extremsportler Felix Baumgartner als erste Mensch im freien Fall die Schallgeschwindigkeit überschritten hat, weltweite mediale Aufmerksamkeit. Red Bull, setzt nicht auf klassisches Storytelling überzeugt aber mit unglaublichen Heldengeschichten und einem Slogan, der sich durch das gesamte Marketingkonzept durchzieht und somit Konsumenten fesselt und überzeugt.
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